ÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER STAND- UND DURCHGANGSPLÄTZE FÜR FAHRENDE
Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Sehr geehrte Frau Mattern
Sehr geehrte Damen und Herren
Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.
Zusammenfassung der Vernehmlassungsvorlage
Im Jahr 2014 trat das Gesetz über Stand- und Durchgangsplätze für Fahrende vom 20. Februar 2014 in Kraft. Dieses ermöglicht die Festlegung von konkreten Standorten für Stand- und Durchgangsplätze durch kommunalen Nutzungsplan (§ 2 Abs. 3) und erteilt den Gemeinden insbesondere die Kompetenz für den Betrieb und den Unterhalt dieser Plätze (§ 4). Da die einvernehmliche Festlegung von Stand- und Durchgangsplätzen durch Kanton und Gemeinden gemäss § 1 Abs. 2 nicht zum Erfolg geführt hat, muss der Kanton eine Nachbesserung vorlegen und die Gemeinden entlasten. Die Stand- und Durchgangsplätze wurden bisher mehrheitlich auf Boden im Verwaltungsvermögen des Kantons erstellt. Es handelt sich um Plätze, welche für Schweizer Fahrende errichtet werden, wobei hiermit die Schweizer Jenischen und Sinti mit nomadischer Lebensweise gemeint sind. Die Behörden sind verpflichtet, die fahrende Lebensweise der ethnischen Minderheit der Schweizer Sinti und Jenischen zu unterstützen und in der Raumplanung zu berücksichtigen. Mit der vorliegenden Anpassung des Gesetzes kommt der Kanton diesem raumplanerischen Auftrag nach und regelt, dass die Kompetenz für die Erstellung von Zonen für Stand- und Durchgangsplätze sowie im Allgemeinen die Verantwortung und der Betrieb dieser Plätze neu vom Kanton getragen werden soll (inkl. des finanziellen und personellen Aufwands).
Position der SVP Baselland
im Allgemeinen
Die SVP Baselland steht der Gesetzesvorlage grundsätzlich positiv gegenüber. Insbesondere scheint es angebracht, dass die Verantwortung des Kantons gegenüber den Gemeinden in dieser Thematik erweitert wird. Gleichzeitig regen wir jedoch an, auch die nachfolgenden Punkte zu berücksichtigen beziehungsweise mitaufzunehmen:
Es sollte in der Vorlage verdeutlicht werden, dass der Kanton BL nicht ohne Weiteres für die Kosten und die Abwicklung der Sozialhilfe für Fahrende zuständig ist, nur weil sich Fahrende vorübergehend auf einem Standplatz auf unserem Kantonsgebiet aufhalten. Für die Sozialhilfezuständigkeit ist der zivilrechtliche Wohnsitz massgebend (vgl. Art. 4 Abs. 1 und Art. 12 Zuständigkeitsgesetz [ZUG; SR 851.1] i.V.m. Art. 23 ZGB). Zur Klarstellung sollte dieser Umstand in der Vorlage zumindest erwähnt sowie auf die geltenden bundesrechtlichen Wohnsitzbestimmungen hingewiesen werden, wonach nur dann der Aufenthaltsort als (Unterstützungs-)Wohnsitz gilt, wenn ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar ist oder ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben wurde (Art. 24 Abs. 2 ZGB). Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen (Art. 24 Abs. 1 ZGB).
Als Alternative zur Beschulung der Kinder am Ort der Standplätze schlagen wir im Sinne der Kontinuität vor, dass die Kinder nicht in der örtlichen Schule unterrichtet werden, sondern denjenigen Lehrpersonen «zugeteilt» werden, welche sich auch um die Spitalbeschulung kümmern. Dies, weil eine Beschulung an regelmässig wechselnden Orten eher ineffizient sein dürfte. Eine weitere Option wäre die Beschulung via Remote-Dienste.
zu einzelnen Gesetzesbestimmungen
§ 1 Abs. 3
Dieser Absatz ist zu streichen. Es ist nicht Staatsaufgabe, das spontane Anhalten der Fahrenden zu fördern. Besonders kritisch zu sehen ist die sich aus der Kommentierung der Bestimmung ergebende Absicht, Spontanhalte auch auf privatem Grund staatlich fördern zu wollen.
§ 3 Abs. 4 Bst. a
Die Bestimmung ist nicht als «Kann-Bestimmung», sondern als zwingende Norm auszugestalten: Der Kanton soll in jedem Fall kostendeckende Tagespauschalen für die Benutzung der Plätze verlangen. Weder aus der Niederlassungsfreiheit (Art. 24 BV) noch aus der Hilfspflicht des Kantons und der Gemeinden hinsichtlich der Suche von Standplätzen für Fahrende (§ 109 KV) kann ein Recht abgeleitet werden, dass Plätze kostenfrei oder vergünstigt zur Verfügung zu stellen sind.
Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüssen
SVP Baselland
sig. Peter Riebli
Parteipräsident
sig. Markus Graf
Fraktionspräsident