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Vernehmlassung

REVISION DEKRET ÜBER DAS ANGEBOT IM REGIONALEN PERSONENVERKEHR (ANGEBOTSDEKRET)

VERNEHMLASSUNGSANTWORT

REVISION DEKRET ÜBER DAS ANGEBOT IM REGIONALEN PERSONENVERKEHR (ANGEBOTSDEKRET)

Sehr geehrter Herr Regierungsrat Reber
Sehr geehrter Herr Wyler
Sehr geehrte Damen und Herren

Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.

Zusammenfassung  der Vernehmlassungsvorlage

Gemäss Landratsbeschluss vom 23. März 2016 betreffend den 8. Generellen Leistungsauftrag im Bereich des öffentlichen Verkehrs (8. GLA) soll das aus dem Jahr 1990 stammende und letztmals im Jahr 1998 überarbeitete Angebotsdekret totalrevidiert werden. Ziel dieser Vorlage sei es, eine neue Grundlage für die Angebotsplanung zu schaffen, auf deren Basis bereits der 9. GLA erarbeitet werden könne. Dabei soll das Angebotsdekret den heutigen Gegebenheiten angepasst und soweit möglich vereinfacht werden.

Die diesbezüglich wichtigsten Änderungen seien:  

Neuer Angebotsbereich

Neben dem Haupt- und dem Grundangebot werde ein neuer Angebotsbereich im Angebotsdekret verankert. Während das Hauptangebot das Rückgrat des ÖV-Netzes bilde, stelle das Grundangebot für jede Ortschaft eine Erschliessung an das Netz des öffentlichen Verkehrs sicher. Mit der Schaffung des neuen Bereichs «Ergänzungsangebot» würde den Angeboten, welche innerhalb eines Siedlungsgebiets Quartiere oder Arbeitsplatzgebiete bedienen, eine Grundlage gegeben.

Angepasste Betriebszeiten

Die Betriebszeiten des öffentlichen Verkehrs umfassten heute meist einen längeren Zeitraum, als dies das bisher gültige Angebotsdekret vorsah. Entsprechend würden die Betriebszeiten den heutigen Gegebenheiten angepasst. Dem seit 2008 durch den Kanton finanzierten Nachtangebot werde dadurch eine rechtliche Grundlage gegeben.

Aktualisierte Erschliessungskriterien

Zur Beurteilung, ob ein Gebiet durch den öffentlichen Verkehr als erschlossen gelte, hätten sich fixe Radien als alleiniges Kriterium als ungenügend erwiesen. Die Bereitschaft, den Weg zu einer Haltestelle auf sich zu nehmen, hänge auch von der Taktdichte ab. Aus diesem Grund solle die Erschliessungswirkung einer Haltestelle im neuen Angebotsdekret auch in Abhängigkeit des Taktangebots beurteilt werden.

Position der SVP Baselland

Grundsätzlich

Für die SVP Baselland ist nachvollziehbar, dass das Angebotsdekret den heutigen Gegebenheiten angepasst werden muss. Soweit es um die Streichung veralteter oder nicht mehr anwendbarer Bestimmungen und um Anpassungen im Bereich der Erfolgskontrolle geht, sind wir mit der vorgeschlagenen Revision einverstanden.

Hingegen trägt die Vernehmlassungsvorlage der konstanten Forderung der SVP nach einem vertretbaren, d. h. nicht einseitig zu Lasten des Individualverkehrs ausgestalteten, Verhältnis zwischen dem öffentlichen und dem individuellen Verkehr [1] sowie der Gesundheit der Kantonsfinanzen zu wenig Rechnung. Des Weiteren erfüllt die Vorlage die eigene Vorgabe nach mehr Klarheit nicht in ausreichendem Masse. Und schliesslich ist keine Ausrichtung des neuen Dekrets auf das sich im Wandel befindliche Mobilitätsverhalten der Bevölkerung, z. B. auf den stark wachsenden Individualverkehr per E-Bike, erkennbar.

Vor diesem Hintergrund haben wir folgende Bemerkungen zur Vorlage anzubringen:

Im Einzelnen

Neuer Angebotsbereich

Eine Erweiterung der Angebotsbereiche um das sog. Ergänzungsangebot lehnen wir ab. Abgesehen davon, dass die Bezeichnung rein sprachlich nicht glücklich ist – geht es doch dabei um die Erschliessung von Siedlungsgebieten ­, ergeben sich aus dem 8. GLA keine Nachteile des bisherigen Systems mit nur zwei Angebotsbereichen. Der in der Vernehmlassungsvorlage angeführte Interpretationsspielraum beim Grund­angebot, welcher bei mangelndem Bedarf zu einer Unterschreitung des Mindestangebots führen könne, erachten wir entgegen den Darlegungen in der Vorlage nicht als Nachteil, sondern im Sinne der Wirtschaftlichkeit und des sorgsamen Umgangs mit den Kantonsfinanzen als Vorteil. Durch die Schaffung dieses neuen Angebotsbereichs, welcher primär die Erschliessungsinteressen der Gemeinden betrifft, wird einer unkontrollierten Erweiterung des ÖV-Angebots des Kantons Tür und Tor geöffnet. Dies steht nicht im Einklang mit der Forderung der SVP Baselland nach einem vertretbaren Verhältnis zwischen Individualverkehr und ÖV, weshalb wir die vorgeschlagene Erweiterung der Angebotsbereiche ablehnen.  

Anpassung Betriebszeiten

Die bereits im Rahmen des 8. GLA [2] angepassten Betriebszeiten sind mit Blick auf den in der entsprechenden Vorlage dargestellten Modal-Split [3] nachvollziehbar. Weshalb die Betriebszeiten nach nur einem halben Jahr seit der vorgenannten Vorlage erneut abgeändert werden müssen, leuchtet nicht ein. Zudem lehnen wir eine Verlängerung der Tagesbetriebszeit von bisher 18 auf neu 20 Stunden, welche in der Vorlage nicht weiter begründet wird, ab. Eine Änderung der bisherigen Betriebszeitenregelung ist unseres Erachtens nicht angezeigt, zumal uns der Sinn der vorgeschlagenen starren Gliederung der Betriebszeiten im Dekret fraglich scheint.

Aktualisierte Erschliessungskriterien

Die in der Vernehmlassungsvorlage dargelegte Abhängigkeit von Taktangebot und Erschliessungswirkung einer Haltestelle dürfte, soweit es um eine möglichst kurze Reisezeit von Tür-zu-Tür geht, zutreffen. Insofern rechtfertigt es sich nicht (mehr), das Erschliessungskriterium der Distanz zur nächsten Haltestelle ausschliesslich ins Verhältnis zu den verschiedenen Verkehrsmitteln zu setzen. Hingegen sind die heute geltenden Distanzradien zu erhöhen. Diese sind, wie sich auch der Vorlage entnehmen lässt, im Vergleich zu anderen Kantonen klein. Durch eine Vergrösserung der Radien würde die ÖV-Netzdichte reduziert und die Nachfrage gebündelt [4]. Bei der Vergrösserung der Radien ist dem aktuellen Mobilitätsverhalten Rechnung zu tragen. Hier steht bezüglich Mobilitätskomfort nicht mehr ausschliesslich die Gehdistanz zur oder von der nächsten ÖV-Haltestelle im Vordergrund, sondern es spielen auch Faktoren wie das Vorhandensein von Parkiermöglichkeiten oder Mietangeboten für Fahrräder eine Rolle. Aufgrund dieser Überlegungen schlagen wir eine Erhöhung der Radien bzw. Luftliniendistanzen auf 750 m bei Haltestellen bei einem 7.5′-Takt oder dichter, auf 600 m bei Haltestellen mit einem Takt zwischen 7.5′ und 30′ und auf 500 m bei Haltestellen mit einem 30′-Takt oder mehr vor.

Wirtschaftlichkeit

Gemäss der Verordnung über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs (ARPV) [5] wird für die Abgeltung eines Angebots des regionalen Personenverkehrs durch den Kanton eine minimale Wirtschaftlichkeit vorausgesetzt. Nach geltendem Angebotsdekret liegt diese bei einem Kostendeckungsgrad von 25–30%. Angebote, welche über das heutige Grundangebot hinausgehen und den vorgenannten Kostendeckungsgrad nicht erreichen, werden nicht in den generellen Leistungsauftrag aufgenommen. Dies stellt grundsätzlich eine klare Regelung dar. Daran ändert auch nichts, dass das Volk im Falle der S9 ein Angebot mit geringerer Kostendeckung erhalten wollte. Die mit der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagene Regelung sieht für ÖV-Linien mit einem Kostendeckungsgrad von weniger als 30% eine Überprüfung hinsichtlich Linienführung und Fahrplanangebot und nötigenfalls Massnahmen zur Optimierung des Angebots vor. Damit wird bezüglich der Notwendigkeit von Massnahmen eine Unklarheit geschaffen, obwohl diese bei der Unterschreitung des Schwellenwerts von 30% selbstredend gegeben ist. Die weitergehende Lockerung der Wirtschaftlichkeitsvorgaben durch Einführung einer Kostendeckungsschwelle von 20% lehnt die SVP Baselland ab. Abgesehen davon, dass lediglich vorgesehen ist, Angebote, welche diesen Schwellenwert unterschreiten, in der bestehenden Form nicht mehr in den Leistungsauftrag aufzunehmen und damit unklar bleibt, wo nun der minimalste Kostendeckungsgrad liegt, votieren wir im Sinne einer klaren Regelung und entsprechend dem Bekenntnis der SVP zu einer Gleichberechtigung von öffentlichem und individuellem Verkehr für einen einheitlichen Mindestkostendeckungsgrad von 30%.

Zum Dekretsentwurf

Entsprechend den vorstehenden Ausführungen ist der Dekretsentwurf wie folgt anzupassen:

  1. Die §§ 5 und 10 des geltenden Angebotsdekrets[6] sind unverändert zu belassen. Aufgrund der Belassung von § 5 sind § 7 Abs. 3 des neuen Angebotsdekrets (unter Nachrückung des Abs. 4) sowie die Erwähnung des Ergänzungsangebots in § 11 Abs. 1 zu streichen. Aufgrund der Belassung von § 10 sind die Nummerierungen der Paragrafen bezüglich Betriebszeiten und Wirtschaftlichkeit zu koordinieren.
  2. Folgende Bestimmungen des neuen Angebotsdekrets sind wie folgt zu ändern:
  • 9 Erschliessung

2       Gebiete innerhalb folgender Luftliniendistanz zur nächsten Haltestelle gelten als erschlossen:

  1. 750 m bei einer durchschnittlichen Kursfolgezeit von 7.5 Minuten oder weniger
  2. 600 m bei einer durchschnittlichen Kursfolgezeit über 7.5 Minuten und unter 30 Minuten
  3. 500 m bei einer durchschnittlichen Kursfolgezeit von 30 Minuten oder mehr

3        …

  • 10 Wirtschaftlichkeit

3       Linien, die einen Kostendeckungsgrad von 30 % nicht erreichen, werden nicht in den generellen
Leistungsauftrag aufgenommen.

4        Linien, die einen Kostendeckungsgrad von 20 % nicht erreichen, werden in der bestehenden Form
          nicht in den generellen Leistungsauftrag aufgenommen.

[1] Vgl. Vernehmlassungen zur LRV 2016-355 vom 17. Juli 2016 und zur LRV 2018-1002 vom 5. August 2018.

[2] LRV 2018/1002 vom 11. Dezember 2018, S. 31, Abbildung 12.

[3] LRV 2018/1002 vom 11. Dezember 2018, S. 10, Abbildung 2.

[4] Vernehmlassungsvorlage Ziff. 3.4.2, Abs. 3.

[5] Art. 6 Abs. 1 bst. e ARPV (SR 745.16).

[6] Dekret über das Angebot im öffentlichen Personennahverkehr (SGS 483.1).

Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.

Mi freundlichen Grüssen
SVP Baselland

Dominik Straumann, Parteipräsident

Johannes Sutter, Vizepräsident

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