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Vernehmlassung

ÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER DIE NUTZUNG UND DEN SCHUTZ DES GRUNDWASSERS (GRUNDWASSERGESETZ, SGS 454)

VERNEHMLASSUNGSANTWORT

ÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER DIE NUTZUNG UND DEN SCHUTZ DES GRUNDWASSERS (GRUNDWASSERGESETZ, SGS 454)

Sehr geehrter Herr Regierungsrat Reber
Sehr geehrter Herr Dr. Auckenthaler
Sehr geehrte Damen und Herren

Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.

Zusammenfassung  der Vernehmlassungsvorlage

Am 19. Oktober 2017 hat der Landrat die Motion «Trinkwasserquellen müssen wirksam geschützt werden!» (GS-Nr. 2017/179) überwiesen. Darin wird verlangt, dass «[…] Quellen, die nicht mehr für Trinkwasser genutzt werden können, […] nicht eliminiert werden, sondern als Reserve für eine Not­wasserversorgung und für die Bewässerung von Landwirtschaftskulturen unbedingt erhalten bleiben» und die Verwaltungsorganisation im fraglichen Sachbereich dahingehend geändert wird, dass nicht dieselbe «[…] Direktion sowohl für den Wasserschutz als auch für die Planung von Deponien oder das Erteilen von Baubewilligungen zuständig […]» ist.

Wasserversorgungswesen als gemeinsame Aufgabe von Kantonen und Gemeinden

Die als Motionsantwort in Vernehmlassung gegebene Landratsvorlage weist darauf hin, dass das Wasser­­versorgungswesen im Kanton Basel-Landschaft eine gemeinsame Aufgabe von Kanton und Gemeinden ist: Während der Kanton für die Beschaffung des regionalen Wasserbedarfs (Trink- und Brauchwasser) zuständig sei, falle die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, also mitunter die Verteilung des Wassers an die Endbezüger, in die Zuständigkeit der Gemeinden. In der Form sog. «regionaler Wasserversorgungs­planungen» bezeichne der Kanton diejenigen Wasserfassungen, die zur Gewährleistung der Versorgungs­sicherheit mit ausreichend Trink- und Brauchwasser betrieben werden müssen, darunter auch die vom Motionär angesprochenen Trinkwasserquellen bzw. Quellfassungen. Diesen kantonalen Planungen haben die Gemeinden ihre Wasserversorgung anzupassen, indem sie die bezeichneten Wasserfassungen und Wasserversorgungsanlagen baulich und betrieblich unterhalten und insbesondere die gewässerschutz­rechtlich vorgeschriebenen (Gewässer-)Schutzzonen in ihren Zonenplänen zum Schutze des Grund- und Quellwassers vor Verunreinigungen und anderen Beeinträchtigungen ausscheiden.

Ausscheidung von Grundwasserschutzzonen – fehlendes Instrumentarium zur Durchsetzung im Falle planerischer Untätigkeit von Gemeinden

Dem Kanton kommt unter dem geltenden Recht mit Blick auf die Aufgabenerfüllung durch die Gemeinden lediglich eine Aufsichtsfunktion zu. Regelmässig weist er säumige Gemeinden darauf hin, die erforder­lichen Schutzzonen auszuscheiden, um Nutzungskonflikte wie sie beispielsweise bei der Planung von Deponien an Standorten, wo hydrogeologisch eigentlich eine Gewässerschutzzone sein sollte, in der rechtkräftigen Zonenplanung jedoch keine Schutzzone ausgeschieden ist und deshalb von einem rein planungsrechtlichen Standpunkt aus betrachtet eine Deponie grundsätzlich bewilligungsfähig sein kann, tunlichst zu vermeiden. Obschon im Zuge der eidgenössischen Gewässerschutzgesetzgebung bereits im Jahre 2003 eine Wegleitung zur Überprüfung bestehender (quasi altrechtlicher) Grundwasserschutzzonen nach hydrogeologischen Methoden erschienen ist, sind im Kanton erst 19 Schutzzonen bundesrechts­konform ausgeschieden, 31 Schutzzonen in Überprüfung und bei 30 Schutzzonen sind die Überprüfungs­arbeiten noch gar nicht aufgenommen worden. Die Vorlage verortet hier deshalb Handlungsbedarf. Während der Kanton säumige Gemeinden unter dem aktuellen Recht nur dazu anhalten kann, ihrer Aufgabe der Ausscheidung von Grundwasserschutzzonen nachzukommen, würde die vorgeschlagene Gesetzesänderung die rechtliche Grundlage schaffen, dass der Kanton inskünftig Ersatzvornahmen treffen könnte, wenn eine Gemeinde entgegen seiner Aufforderung weiterhin untätig bleibt.

Erhalt nichtgenutzter Trinkwasserquellen zu Notversorgungszwecken

Was die vom Motionär geforderte Erhaltung von nicht mehr genutzten Trinkwasserquellen zu Notver­sorgungszwecken anbelangt, zeigt die Vorlage auf, dass von den etwas mehr als 1’900 im kantonalen Kataster verzeichneten Quellen mangels ausreichender Kapazität der Grossteil für die öffentliche Wasser­versorgung irrelevant ist. Gerade mal 200 Quellen sind überhaupt ergiebig genug, um für die Wasserver­sorgung der Öffentlichkeit bedeutsam zu sein. In erster Linie würde die Wasserversorgung jedoch sowieso durch die verhältnismässig deutlich ergiebigeren rund 80 Grundwasserfassungen sichergestellt und erst in zweiter Linie durch die etwa 200 (eben erwähnten) Quellen.

Verwaltungsorganisation

Mit Blick auf die vom Motionär geforderte Änderung der Verwaltungsorganisation zeigt die Vorlage auf, wie die Aufgabenerfüllung und Zusammenarbeit im Bereich «Gewässerschutz» aktuell organisiert ist und hält fest, dass eine Änderung, wie sie der Motionär beantrage, zu neuen und schwieriger zu hand­habenden Schnittstellen führen würde, weshalb kein Anlass bestehe, an der heutigen Organisation etwas zu ändern.

Entschädigungspflicht der Eigentümerschaft einer Grundwasserfassung

Gemäss der Vorlage sollen überdies neu der Inhaber oder die Inhaberin einer Grundwasserfassung Entschädigungen bezahlen, welche im Zuge der Ausscheidung einer Grundwasserschutzzone bzw. der damit verbundenen Nutzungseinschränkung geschuldet sind.

Position der SVP Baselland

Die SVP Baselland lehnt diese Vorlage aus den folgenden Überlegungen ab:

Zu § 29 Abs. 2 und 3 des Gesetzesentwurfs

In § 29 Abs. 2 der zur Disposition stehenden Gesetzesnovelle über die Nutzung und den Schutz des Grundwassers (Grundwassergesetz) wird für den Kanton und namentlich dessen Aufgabenteilung mit den Gemeinden geradezu Bemerkenswertes stipuliert: In der Landratsvorlage (s. S. 13) knapp begründet auf gerade mal einer halben Seite hätte die neue Bestimmung zur Folge, dass der Kanton anstelle der Gemeinden zu deren Lasten die Grundwasserschutzzonen überprüfen, ausscheiden oder anpassen könnte. Abs. 3 führt ferner aus, dass der Kanton vom planungsrechtlichen Vehikel her in diesen Fällen in Form kantonaler Nutzungspläne operieren würde. Mit einer tatsächlich gelebten Gemeindeautonomie und dem Subsidiaritätsprinzip sind solcherlei Ansinnen nicht vereinbar. Die anvisierte Problemlösung bringen sie schon gar nicht.

Die tatsächliche Konfliktlinie zwischen gesetzgeberischem Anspruch und der Realität resultiert aus der historischen Siedlungsentwicklung. Grundwasserfassungen oder Quellen wurden bei noch schwacher oder fehlender Besiedlung errichtet und nutzbar gemacht. Schutzzonen wurden nach dem damaligen Stand des Wissens ausgeschieden. Hernach kam die Besiedlung in Respektierung der damals geltenden (erst nach gegenwärtigem Erkenntnisstand zu knapp ausgefallenen) Schutzzonen. Heute sollen nun aufgrund veränderter Erkenntnisse Schutzzonen über Siedlungsbereiche ausgeschieden werden, was zwangsläufig zu grossen Nutzungskonflikten führt. Darin liegt der Kern des Problems, wie an den zur Ausscheidung der Schutzzonen zuständigen Gemeindeversammlungen regelmässig beobachtet werden kann.

Eine undurchdachte Verschiebung der Zuständigkeiten von Kanton und Gemeinden vermag diesen Konflikt nicht zu lösen. Weit mehr wird er einfach verlagert. Betroffene Gemeinden und Grundeigentümer hätten Einsprache- und Rechtsmittelmöglichkeiten. Zu gewärtigen wären folglich politische Beeinflus­sungsversuche sowie lange Rechtsmittelverfahren. Die kommunalen Zonenpläne wären in der Folge offenkundig nicht mehr kongruent mit der Schutzzonenausscheidung; die Weiterentwicklung (Neu­bauten, Umbauten, Verdichtungen) wäre faktisch nicht mehr möglich.

Kommt dazu, dass mit der ersatzweisen Zuständigkeit des Kantons die Gemeinden sich ausser Pflicht gesetzt fühlen könnten, was wiederum dazu führt, dass sie in diesem Bereich ihre Aufgaben gar nicht mehr wahrnehmen. Währenddessen wird der Kanton aber nicht alle Fälle ungenügender Schutzzonen gleichzeitig lösen können, und er wird an den beschriebenen Folgeproblemen scheitern.

Es kann mithin nicht angehen, dass der Kanton ersatzweise für die Gemeinden Schutzzonen ausscheidet. Dies führte zu grossen Schwierigkeiten im Verhältnis zwischen betroffenen Gemeinden und dem Kanton, zu langen und kostspieligen Rechtsmittelverfahren und letzten Endes zu einer einseitigen Lösung der Nutzungskonflikte, indem die Eigentumsgarantie generell gegenüber Belangen des Grundwasserschutzes zurückstehen müsste, was offenbar das politische Ziel dieser Vorlage ist.

Selbstverständlich ist die Sicherung ausreichender und qualitativ guter Trinkwasservorkommen ebenfalls eine wichtige Aufgabe des Staates. Nötig wäre aber, dass die Lösung dieses Problems (auch auf Stufe des Bundes) grundlegend sowie in Beachtung der historischen Entwicklung, des bestehenden Zielkonflikts und der technischen Möglichkeiten kreativ angegangen wird. Mit verfügbarer Technik lässt sich beispielsweise heute verhindern, dass Verschmutzungen im Zustrombereich des Grund- und Quellwassers zu konta­miniertem Trinkwasser führen, konkret mit Frühwarn- und Aufbereitungssystemen. Die gesetzlichen Grundlagen von Bund und Kanton berücksichtigen dies indessen noch nicht. Hier wäre Remedur angezeigt.

Mit § 29 Grundwassergesetz, wie in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehen, lassen sich die Probleme demgegenüber nicht lösen, sondern es werden neue geschaffen. Hinzu kommt, dass der Motionär nicht die Ausweitung der kantonalen Kompetenzen im Blick hatte, sondern den konkreten Schutz von Quellen, die nicht mehr genutzt werden und «verlottern und verschlammen». Dieses Anliegen wird mit der Vorlage nicht angegangen.

Zu § 29a des Gesetzesentwurfs

Die SVP Baselland stellt sich überdies entschieden gegen die in der Vorlage neu als § 29a Grund­wassergesetz vorgesehene Entschädigungspflicht der Inhaber von Grundwasserfassungen: Schuldner bzw. Schuldnerin einer Enteignungsentschädigung – und um nichts Anderes geht es, wenn von planungs­bedingten «Entschädigungen für Nutzungsbeschränkungen» die Rede ist – ist aufgrund der Bundesver­fassung dasjenige (öffentlich-rechtlich konstituierte) Rechtssubjekt, das den Rechtsgrund für eine Nutzungsbeschränkung gesetzt hat. Führt die Ausscheidung einer Grundwasserschutzzone zu einem entschädigungspflichtigen Eingriff (d.h. zu einer sich wie eine formelle Enteignung auswirkenden Nutzungseinschränkung), so ist es das plantragende bzw. planende Gemeinwesen, das mit der Plan­änderung den Rechtsgrund für die Nutzungseinschränkung setzt und nicht der Inhaber oder die Inhaberin der jeweils anlassgebenden Grundwasserfassung.

Die Planungspflicht trifft das planzuständige Gemeinwesen und nicht den Inhaber oder die Inhaberin von Grundwasserfassungen. Folgerichtig hat denn auch das Gemeinwesen allfällige Enteignungsentschädi­gungen zu tragen. Es scheint uns vor diesem Hintergrund höchst fraglich, ob die vorgeschlagene Bestim­mung einer gerichtlichen Überprüfung im abstrakten Normenkontrollverfahren oder konkreten Anwendungsfall standhalten würde.

Zuletzt gilt es anzumerken, dass ein praktisches Bedürfnis an der Aufnahme der erwähnten Bestimmung fehlen dürfte: Die Praxis der kantonalen Gerichte und des Bundesgerichts ist mit Blick auf die Zusprechung von Entschädigungen für materielle Enteignungen bekanntermassen äusserst streng, sodass es in der Rechtspraxis sehr selten vorkommt, dass in diesem Bereich überhaupt Entschädigungen zugesprochen werden. Auch deshalb ist auf eine Aufnahme von § 29a in das Grundwassergesetz ersatzlos zu verzichten. Abschliessend bleibt festzuhalten, dass das geltende Recht die mit Eingriffen in das Eigentumsrecht verbundenen Entschädigungsfragen und -folgen bereits im Enteignungsgesetz (SGS 410) regelt.

 

Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.

Mi freundlichen Grüssen
SVP Baselland

Dominik Straumann, Parteipräsident

Peter Riebli, Fraktionspräsident

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