ÄNDERUNGEN AM KANTONALEN ENERGIEGESETZ UND AM ZUGEHÖRIGEN DEKRET SOWIE AN DER ENERGIEVERORDNUNG AUFGRUND DES ENERGIEPLANUNGSBERICHTS 2022
VERNEHMLASSUNGSANTWORT
ÄNDERUNGEN AM KANTONALEN ENERGIEGESETZ UND AM ZUGEHÖRIGEN DEK-RET SOWIE AN DER ENERGIEVERORDNUNG AUFGRUND DES ENERGIEPLANUNGSBERICHTS 2022
Sehr geehrter Herr Regierungsrat Reber
Sehr geehrter Herr Plattner
Sehr geehrte Damen und Herren
Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.
Zusammenfassung der Vernehmlassungsvorlage
Der Regierungsrat hat dem Landrat mit der Vorlage 2022/41 vom 25. Januar 2022 den Energieplanungsbericht 2022 unterbreitet. Mit diesem Bericht wolle der Regierungsrat aufzeigen, wie es um die Wirksamkeit der bisherigen energietechnischen Massnahmen im Baselbiet stehe, welche Anpassungen an der Energieplanung erforderlich seien und welche neuen Schwerpunkte und Massnahmen er energiepolitisch als vordringlich erachte. Mit der zur Vernehmlassung unterbreiteten Vorlage stelle der Regierungsrat sodann jene neuen Massnahmen zur Diskussion, die in der Kompetenz des Landrats liegen. Dazu zählen Änderungen des kantonalen Energiegesetzes (EnG BL), des dazugehörigen Dekrets sowie eine Fremdänderung im Raumplanungs- und Baugesetz (RBG). Gleichzeitig wurde eine Vernehmlassung bei den Gemeinden zu einer weiteren aus dem Energieplanungsbericht abgeleiteten Massnahme initiiert, welche eine Änderung auf Verordnungsebene bedingen würde. Die vorgeschlagenen Anpassungen seien im Sinne eines Zwischenschritts hin zum Netto-Null-Emissionsziel bis 2050 aus Sicht des Regierungsrats erforderlich, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und vor allem auch, um die Versorgungssicherheit zu erhalten und die Risiken von Versorgungsengpässen zu minimieren.
Der zugrundeliegende Energieplanungsbericht unterscheidet nach den fünf Schwerpunktthemen «Dekarbonisierung der Wärmeversorgung von Gebäuden», «Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden», «Forcierung der Solarenergie», «Forcierung der emissionsarmen Mobilität» und «Unterstützung der Gemeinden in ihren Aufgaben». Zu diesen fünf Schwerpunkten werden insgesamt 19 Massnahmen postuliert, wovon 9 in die Zuständigkeit des Landrats fallen. Acht dieser Massnahmen sind Gegenstand der vorliegenden Vernehmlassungsvorlage zu den Änderungen am kantonalen Energiegesetz und am zugehörigen Dekret. Es sind dies:
- die Vorgabe einer erneuerbaren Heizung,
- die Vorgabe einer thermischen Regeneration von Erdwärmesonden,
- die Vorgaben zur Gebäudeautomation bei neuen Nicht-Wohnbauten,
- die Vorgaben zur Betriebsoptimierung bei Nicht-Wohnbauten,
- die Vorgabe zur Photovoltaik-Eigenstromerzeugung bei Neubauten,
- die Vorgabe für Ladeinfrastrukturen bei Neubauten,
- die Förderung von Ladeinfrastrukturen in bestehenden Mehrparteiengebäuden und
- die Vorgabe zur kommunalen Energieplanung.
Position der SVP Baselland
Im Grundsatz
Die postulierten Rechtsänderungen erweisen sich sowohl in der Begründung wie auch handwerklichen Ausarbeitung als unausgereift. Ohne die Debatte zum Energieplanungsbericht 2022 abzuwarten, erfolgt die Vorlage überhastet. Die SVP Baselland lehnt die Änderungen an Gesetz, Dekret und Verordnung aus den nachfolgend noch im Detail aufzuzeigenden Gründen ab. Die Vorlage ist unseres Erachtens zur tiefgreifenden Überarbeitung zurückzuweisen.
Die SVP Baselland hat sich bereits mit den Stellungnahmen vom 31. Oktober 2014 zum Energiegesetz und vom 4. Juli 2014 zu den Baselbieter Windparks ausführlich und kritisch zu den fragwürdigen Aspekten der Energiewende vernehmen lassen. Wir haben dabei namentlich das zentrale jedoch ungenügend berücksichtigte Kriterium der Versorgungssicherheit hervorgehoben, welches in der Folge immerhin Eingang in § 1 des bis heute geltenden Baselbieter Energiegesetzes gefunden hat. Wir haben dargelegt, dass bei der Umstellung auf die erneuerbaren Energien zwingend auch das Problem der Grundlast zu meistern wäre, was aufgrund der unsteten Energieerzeugung prinzipbedingt eine Herausforderung darstellt.
Nun zeigen sowohl die geopolitischen wie auch technologischen Entwicklungen der vergangenen Jahre eindrücklich, dass die schönfärberische «Energiestrategie 2050» verbunden mit der vorschnell aus dem Reaktorunfall von Fukushima Daiichi abgeleiteten Absage an die Kernkraft gescheitert ist. Es ist beschämend, dass im Forschungsland Schweiz zuletzt nicht einmal mehr ernsthaft über zukunftsfähige, betriebssichere Formen der Kernkraft nachgedacht werden durfte. Der Bevölkerung wurde ohne ausreichende Faktengrundlage seitens der Politik eine fortwährende Versorgungssicherheit auch mit erneuerbaren Energien vorgetäuscht. Als Folge muss heute in der Schweiz ernsthaft darüber nachgedacht werden, Kernkraftwerke älterer Bauart noch über viele Jahre länger am Stromnetz zu behalten oder mit Gas betriebene (sic!) Kraftwerke neu zu bauen, um einer drohenden Winterstromlücke noch zu entgehen. Gleichzeitig setzt sich mit reichlich Verspätung die banale Erkenntnis doch noch durch, dass die Dekarbonisierung und das Bevölkerungswachstum zwangsläufig mit mehr und nicht mit weniger Strombedarf einhergehen. Das alles sind keine Entwicklungen, die auf das vom Bundesrat zuletzt verworfene Rahmenabkommen mit der EU zurückzuführen sind, wie im Energieplanungsbericht 2022 ausweichend behauptet wird, sondern auf einen Mangel an strategischer Weitsicht der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung während der letzten zehn Jahre.
Vor diesem wenig erbaulichen Hintergrund waren wir vorliegend zunächst erfreut, dass der Versorgungssicherheit in der Einleitung zum Energieplanungsbericht 2022 und zur Vernehmlassungsvorlage eine zentrale Bedeutung zugesprochen wird. Und wir waren konsterniert, dass daraus dann erneut schlicht keine konstruktiven Konzepte und zukunftsweisenden Massnahmen abgeleitet werden. Stattdessen wird für Lösungsvorschläge auf den Bund verwiesen und auf die Zusammenarbeit mit dem Ausland. Die Nachbarstaaten können die Versorgungssicherheit aber augenscheinlich auch nur mit Kernkraft, wie in Frankreich, oder mit erst in Zukunft noch bereitzustellenden Speicherkapazitäten etwa für die Offshore-Windparks in der Nordsee gewährleisten. Zur Frage, wie der Kanton Basel-Landschaft zugunsten der Versorgungssicherheit beispielsweise mit der Förderung von Batteriespeichern, mit Wasserstoff oder mit Lastausgleichsmassnahmen einen Beitrag leisten könnte, fehlt es im Energieplanungsbericht und der Vernehmlassungsvorlage an Ideen. Die blosse Ausschöpfung des eigenen Potenzials an erneuerbarer Energie ist gut und recht, löst aber die Probleme mit der Grundlast und der Winterstromlücke heute und in Zukunft noch genauso wenig wie im Jahr 2014.
Postuliert und mit grossem Enthusiasmus verfolgt wird mit der Vernehmlassungsvorlage stattdessen das neue Ziel, dass das Baselbiet bis 2050 CO2-neutral werden müsse (Netto-Null-Ziel). Ohne diesem Ziel die Berechtigung absprechen zu wollen, ist angesichts der wortreichen Umschreibung seiner wissenschaftlich begründeten Notwendigkeit im Energieplanungsbericht und der Vorlage doch nachdrücklich zu unterstreichen, dass dieses Ziel bis anhin keine Rechtsgrundlage in der Gesetzgebung des Kantons Basel-Landschaft oder des Bundes gefunden hat. Namentlich enthält das geltende Baselbieter Energiegesetz kein Netto-Null-Ziel bis 2050, das je den ordentlichen demokratischen Prozess durchlaufen hätte. Vielmehr haben jüngere Abstimmungen zum CO2-Gesetz auf Bundesebene und zur Klimainitiative im Baselbiet deutlich auf andere, ebenfalls nicht zu vernachlässigende Bedürfnisse der Bevölkerung beispielsweise in der wirtschaftlich zu erbringenden Energieversorgungssicherheit hingewiesen. Eine Konsequenz der fehlenden gesetzlichen Verankerung ist vorliegend namentlich, dass neue radikale Massnahmen, wie sie mit dem Verbot von fossilen Heizungen angestrebt werden, mangels übergeordneter Rechtsgrundlage jedenfalls nicht einfach auf Dekretsstufe abgehandelt werden können, wie die Vernehmlassungsvorlage das vorsieht.
Zum Energiegesetz
§ 2 Entwurf Energiegesetz – Ziele und Wirksamkeitskontrolle
Das derzeit im Energiegesetz festgeschriebene Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch (ohne Mobilität) bis zum Jahr 2030 auf mindestens 40 % zu steigern, wurde entsprechend dem Energieplanungsbericht bereits heute erreicht und gar übertroffen. Diese eigentlich höchst erfreuliche Feststellung wird jedoch seitens des Amts für Umweltschutz und Energie bezeichnenderweise umgehend negativ konnotiert, indem kurzum das Ziel als ungenügend anspruchsvoll dargestellt wird. Der Gesinnung folgend müsse das Ziel daher nun mit 70 % bis 2030 sogleich in neue Sphären angehoben werden. Dieser Wert ist jedoch nicht einfach ambitioniert, sondern im heutigen Zeitpunkt als schlicht unrealistisch abzulehnen. Richtig ist, aufgrund des bereits Erreichten nun ein neues Etappenziel für das Jahr 2030 zu setzen. Selbst mit einem Anteil von 60 % an erneuerbarer Energie bleibt die Vorgabe aber ambitioniert genug. 60 % bis 2030 sind gleichbedeutend mit einem konstanten jährlichen Zuwachs des Anteils an erneuerbarer Energie im bisher erzielten Ausmass und lassen selbst ein Netto-Null-Ziel bis 2050 ohne Weiteres noch zu. Es darf bei der Zielsetzung nicht vergessen gehen, dass die Energiewende fortwährend mit erheblichen volkswirtschaftlichen und technischen Herausforderungen verbunden ist, welche nicht durch die Verwaltung, sondern letztlich durch die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger gestemmt werden. Die SVP Baselland fordert daher die folgende Korrektur am Entwurf:
- 2 E-EnG – Ziele und Wirksamkeitskontrolle
- Der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch (ohne Mobilität) soll bis zum Jahr 2030 auf mindestens 60 %gesteigert werden.
§ 4 Entwurf Energiegesetz – Energieplanung der Gemeinden
Bereits in der Stellungnahme vom 31. Oktober 2014 zum Energiegesetz hat die SVP Baselland ausgeführt, dass die in § 4 Abs. 2 EnG enthaltene Verpflichtung der Gemeinden, ihre Energieplanung jeweils der Bau- und Umweltschutzdirektion zur Prüfung betreffend Übereinstimmung mit übergeordnetem Recht und der Planung des Kantons zu unterbreiten, ein unnötiger und teurer Ausbau bürokratischer Strukturen ist.
Mit der nun mit der Revision von Abs. 1 vorgesehenen Verpflichtung der Baselbieter Gemeinden, sowohl eine kommunale wie auch eine regionale Energieplanung vornehmen zu müssen, akzentuiert sich die Problematik nur weiter. Es ist für uns nicht verständlich, weshalb sich die Bau- und Umweltschutzdirektion nicht darauf beschränken kann, den Baselbieter Gemeinden in Nachachtung der Gemeindeautonomie mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ihnen Grundlagendaten zur Verfügung zu stellen, was eine ebenso zweckdienliche, aber ressourcenschonendere und weniger invasive Herangehensweise wäre. Auf die
Revision von § 4 Abs. 1 EnG kann und soll verzichtet werden.
§§ 19a und 19b Entwurf Energiegesetz – Gebäudeautomation und Betriebsoptimierung
Im Hinblick auf einen möglichst tiefen Energieverbrauch sieht § 19a des Gesetzesentwurfs vor, dass Neubauten von Liegenschaften, die nicht Wohnzwecken dienen, mit einer Gebäudeautomation auszurüsten sind, soweit das technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Eine grössere Verbreitung der Gebäudeautomation findet im Grundsatz unsere Unterstützung. Auch die wirtschaftliche Zumutbarkeit wird hier im Gesetzestext richtigerweise berücksichtigt. Die Vernehmlassungsvorlage legt jedoch nicht dar, weshalb dieses Ziel angesichts des mit der Automation verbundenen geringeren Ressourcenverbrauchs nicht ebenso mit Aufklärung und Förderung des Eigeninteresses bei den Unternehmen erreicht werden kann. Aufgrund dessen bleiben wir zu § 19a skeptisch.
Überhaupt kein Verständnis vermögen wir jedoch für die in § 19b des Entwurfs angedachte regelmässige Betriebsoptimierung unter staatlicher Kontrolle aufzubringen. Jedes Unternehmen hat ein ureigenes ökonomisches Interesse, eine bereits bestehende Gebäudeautomation im Besonderen (aber auch die weiteren haustechnischen Anlagen) ressourcenschonend einzusetzen und dafür laufend Optimierungen vorzunehmen. Eine periodische staatliche Prüfung, deren Intervall im Gesetz noch nicht einmal geregelt ist, die aber gemäss den Materialien mindestens alle 5 Jahre erfolgen müsse, ist gänzlich unnötig. Deren Folge wäre nur ein unnötiger Ressourcenverschleiss bei den betroffenen Unternehmen wie auch beim Staat. Allein für die seitens des federführenden Amtes geforderte Software müsste ein Unternehmen, schätzungsweise CHF 200’000.– einmalig und anschliessend CHF 20‘000.– jährlich aufwenden. Die SVP Baselland lehnt den wirtschaftsfeindlichen Kontrollzwang, wie er mit dieser Bestimmung zum Ausdruck gebracht wird, nachdrücklich ab. Auf § 19b des Gesetzesentwurfs ist zu verzichten.
§ 23 Entwurf Energiegesetz – Bewilligungs- und Konzessionspflicht
Dass die Vernehmlassungsvorlage unausgereift ist, zeigt sich anhand von § 23 des Gesetzesentwurfs mehrfach. Inhaltlich wird mit der erforderlichen Regeneration des Erdreichs bei der Nutzung der Erdwärme zwar in Abs. 2 eine wichtige Diskussion angestossen. Selbst hier lässt das federführende Amt jedoch die vertiefte Auseinandersetzung mit der absolut zentralen Versorgungssicherheit vermissen. Das ist nicht nachvollziehbar, denn offenkundig handelt es sich bei der Regeneration des Erdreichs während der Erdwärmenutzung um eine Form der Energiespeicherung und des saisonalen Ausgleichs von Energieproduktion und Energiebezug. Wenn man die Vorlage schon dem Ziel der Versorgungssicherheit verschreibt, wäre spätestens an dieser Stelle der Punkt gekommen, um den Faden wieder aufzunehmen. Auf dieser Basis könnte nämlich der Frage nachgegangen werden, welche Bedürfnisse die Wohnbevölkerung im Baselbiet mit dem Entscheid für oder gegen eine Erdwärmesonde verbindet. Man könnte sich dem Thema widmen, dass gerade in Altbauten ein Bedarf nach Erdwärmesonden dann entsteht, wenn das bestehende Heizsystem eine erhöhte Vorlauftemperatur benötigt, für deren Erzeugung eine Wärmepumpe ohne Erdwärme mit schlechterer Effizienz arbeiten müsste. Man könnte sich dem Thema widmen, dass bei einem geeigneten modernen Heiz- und Kühlsystem, wie es hauptsächlich in neueren Gebäuden zu finden ist, die Regeneration des Erdreichs über die Erdsonde in den Sommermonaten mit dem Zusatznutzen einer Gebäudekühlung verbunden werden kann. Man könnte sich darauf gestützt Gedanken dazu machen, wie durch geeignete Fördermassnahmen das zentrale Ziel der Versorgungssicherheit, die aus Nachhaltigkeitsüberlegungen mittel- bis langfristig erforderliche Regeneration des Erdreichs bei der Nutzung von Erdwärme und die Bedürfnisse der Baselbieter Bevölkerung zu einem allseits nutzstiftenden Ganzen kombiniert werden können. Im Energieplanungsbericht und den vorliegenden Vernehmlassungsunterlagen findet sich dazu jedoch nichts.
Bereits in der Vernehmlassungsantwort vom 31. Oktober 2014 zum Energiegesetz hat die SVP Baselland überdies Zweifel angemeldet, dass der Kanton über die Ressourcen verfügen würde, die Rohdaten aus geothermischen Erkundungsmassnahmen im tiefen Untergrund zu prozessieren und auszuwerten. Wenn diese Angaben den Kenntnisstand der Allgemeinheit verbessern sollen, dann müsste eine Offenlegung aller Daten, Berichte und Interpretationen diskutiert werden, was wiederum eine Auseinandersetzung mit dem damit verbundenen Eingriff in Geschäftsgeheimnisse bedingen würde. Diese inhaltliche Auseinandersetzung fehlt bis heute und drängt sich mit der geplanten Neufassung von § 23 Abs. 7 des Gesetzes nur erneut auf.
Die SVP Baselland erwartet zu diesen Themen deutlich mehr an inhaltlicher Vorleistung von Seiten der Verwaltung, bevor die Vorlage in den Gesetzgebungsprozess gegeben wird.
In rechtlicher Hinsicht krankt § 23 der Vernehmlassungsvorlage an nicht minder schweren Versäumnissen. Dies beginnt mit der offenbar übersehenen Grundsatzfrage, im Eigentum wessen Rechtssubjekts das Erdreich unter einem Grundstück eigentlich steht. Gemäss dem übergeordneten Bundesrecht erstreckt sich das private Eigentum an Grund und Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht (Art. 667 Abs. 1 ZGB). Mit der zunehmenden Nutzung des Untergrunds zur Heizung und Kühlung von auf dem Grundstück errichteten Gebäuden steht das unter dem Grundstück liegende Erdreich ebenfalls im durch die Eigentumsgarantie grundrechtlich geschützten Privateigentum – und dies prinzipiell ohne irgendeine Tiefenbeschränkung. Erst ausserhalb, im darunter liegenden Raum, stellt der Untergrund eine öffentliche Sache im Eigentum des Kantons dar, wodurch die Vergabe von Nutzungskonzessionen unter vorgegebenen Bedingungen überhaupt erst zum Thema werden kann (vgl. zum Ganzen etwa René Wiederkehr / Andreas Abegg, Rechtliche Rahmenbedingungen bei der Nutzung des tiefen Untergrunds durch Geothermie, ZBl 115 [2014], S. 639-662, 643 f.).
Es ist mehr als fraglich, wie die gesetzlichen Regelungen über den neu sogenannt «untiefen» Untergrund nach der Vorstellung des Amts für Umweltschutz und Energie überhaupt je bei der privaten Erdwärmenutzung zur Anwendung gelangen sollen, wenn doch die bestehende Legaldefinition dieses Untergrunds in § 22 Abs. 2 Energiegesetz das Erdinnere innerhalb des durch das Privatrecht geschützten Eigentumsbereichs per se aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausnimmt.
Nicht besser wird die Vermengung zwischen den rechtlichen Sphären des Privateigentums und der öffentlichen Sachen in § 23 des Gesetzes, wenn nunmehr in einem geplanten Abs. 7 gar alle Bewilligungsinhaber verpflichtet werden sollen, Daten von Untersuchungen und Bauarbeiten unentgeltlich der Umweltschutzdirektion zur Verfügung zu stellen. Wie in der Vorlage unverblümt dargelegt wird, soll damit eine Regelung, wie sie im Konzessionsvertrag mit der Schweizer Salinen AG bestehe, in § 23 des Energiegesetzes übertragen werden. «Blindlings übertragen werden», müsste man dazu ergänzen. Denn übersehen wird, dass konzessionsrechtliche Instrumente den Regulierungen über öffentliche Sachen – hier konkret dem Salzregal – zuzuordnen sind, während § 23 Energiegesetz kraft Abs. 1 eben auch das Bewilligungsverfahren für die Erdwärmenutzung im dem Privateigentum unterstehenden Untergrund normieren möchte. Im letztgenannten Regulierungsbereich haben konzessionsrechtliche Instrumente schlicht nichts zu suchen.
Die SVP Baselland fordert, dass in einer grundlegend zu überarbeitenden Vorlage rechtlich korrekt legiferierend, in separaten Normen zwischen Regulierungen unterschieden wird, welche auf der einen Seite über das Bewilligungsverfahren die freie Nutzung des Privateigentums beschränken sollen und sich dabei an die Verfassungsvorgaben für Grundrechtseinschränkungen zu halten haben, und Regulierungen, die auf der anderen Seite die konzessionsrechtliche Nutzung des Untergrunds als öffentliche Sache in der Hoheit des Kantons behandeln sollen.
§ 35 Entwurf Energiegesetz – Massnahmen für eine emissionsarme Mobilität
Die zu § 35 Abs. 1 lit. h des Gesetzesentwurf angedachten Massnahmen zur staatlichen Förderung der Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge oder eine Kaufprämie für den Wechsel auf elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge können wir inhaltlich zwar unterstützen. Die gewählte Formulierung des Gesetzes geht aber wesentlich darüber hinaus, indem grundsätzlich jede Förderung emissionsarmer Mobilität als unterstützungsberechtigt bezeichnet wird. Das eröffnet prinzipiell Optionen, politisch anders motivierte Ziele, wie Verlagerungsmassnahmen vom motorisierten Individualverkehr hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln, aus den beschlossenen Fördergeldern zu speisen, was nach unserem Dafürhalten eine klare Zweckentfremdung der bereitgestellten Mittel darstellen würde. Die SVP Baselland verlangt, dass der Gesetzestext wie folgt präzisiert wird:
- 35 Abs. 2 E-EnG – Energieförderbeiträge
- Massnahmen zur Förderung von Kraftfahrzeugen mit emissionsarmer Antriebstechnik.
§ 41 Entwurf Energiegesetz – Strafbestimmungen
- Betreffend die Änderung an § 41 verweisen wir auf unsere Kritik in der Vernehmlassungsantwort der SVP Baselland vom 31. Oktober 2014 zum Energiegesetz. Nach dem Legalitätsprinzip sollen Strafbestimmungen präzise formuliert werden. Diese Anforderung erfüllt § 41 EnG nicht. Wenn eine generelle Strafbarkeit hinsichtlich unbeschränkt aller teils erheblich interpretationsbedürftiger Normen und Verfügungsinhalte und aller Entwicklungsstufen und Beteiligungsformen des «Delikts» zugelassen wird, öffnet dies Tür und Tor für Willkür. Die SVP Baselland verlangt abermals, die Anwendbarkeit der Sanktionsdrohung in Abs. 1 auf klar definierte Widerhandlungen gegen das Gesetz zu beschränken und auf Abs. 2 von § 41 EnG zu verzichten. Der pauschale Verweis auf Verordnungen, Verfügungen sowie neu das Dekret in Abs. 1 führt zu weit, gleiches gilt für die Bestrafung der Fahrlässigkeit und der Gehilfenschaft in Abs. 2.
Zum Raumplanungs- und Baugesetz (Fremdänderung durch das Energiegesetz)
§ 106a Entwurf RBG – Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeug
Für Neubauten generell eine zu erstellende Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge vorzuschreiben, wie das die Fremdänderung im Raumplanungs- und Baugesetz vorsieht, kann hinsichtlich des erforderlichen Ausbaustandards sehr unterschiedlich interpretiert werden – angefangen bei der blossen Verlegung von Leerrohren bis hin zur Errichtung vollfunktionsfähiger Ladesäulen, die je nach Nutzung des Gebäudes auf absehbare Zeit vielleicht gar keine Verwendung finden. In der vorliegenden Formulierung bildet der Entwurf eine eigentliche Blankettnorm, die es dem Regierungsrat erlauben würde, den Ausbaustandard und in der Folge die Baukosten zulasten der Bauherrschaft markant in die Höhe zu treiben. Dem kann die SVP Baselland sicher nicht zustimmen. Wenn diese Regelung in Kraft treten soll, braucht es deutlich mehr Verbindlichkeit und Planungssicherheit bereits auf Gesetzesstufe.
Wir zweifeln aber auch die Notwendigkeit dieser Vorschrift per se an. Die zunehmende Verbreitung der Elektromobilität führt schon heute dazu, dass die Ladeinfrastruktur in Privatbauten allein aufgrund der Nachfrage mehr und mehr gebaut wird. Durch Fördermassnahmen (vgl. § 35 E-EnG) und eine entgegenkommende Bewilligungspraxis kann dieser Prozess zweifellos weiter unterstützt werden. Ein Marktversagen, welches die hier vorgesehene massive Intervention des Staates in die Eigentumsgarantie erzwingen würde, ist keineswegs erkennbar. Die SVP Baselland spricht sich daher für einen Verzicht auf § 106a E-RBG aus.
Zum Energiedekret
§ 1a Entwurf Energiedekret – Anteil erneuerbarer Energie, Heizwärmeerzeuger
In § 1a des Dekretsentwurfs wird ein sofortiges und umfassendes Verbot von neuen Heizwärmeerzeugern vorgesehen, welche nicht vollständig auf erneuerbaren Energien basieren. Es handelt sich nach unserer Einschätzung um die zentrale Motivation zum gesamten vorliegenden Revisionsvorhaben.
Einzuwenden ist dagegen zunächst in formeller Hinsicht, dass faktisch ein Verbot für klassische fossile Heizungen und nicht – wie die Marginalie insinuiert – bloss ein neu definierter Anteil an erneuerbarer Energie bei der Heizwärmeerzeugung normiert werden soll. Intention für die anderslautende Marginalie ist offenbar, eine faktisch nicht gegebene Abstützung auf § 2 EnG zu behaupten. Mangels gesetzlicher Grundlage wäre das vorgesehene Verbot nämlich zwingend selbst auf Gesetzesstufe und nicht auf Dekretsstufe zu regeln. Als Folge dessen müsste die Norm auch verfassungskonform dem Volk zur Abstimmung unterbreitet werden, wenn im Landrat nicht das erforderliche qualifizierte Mehr dafür gefunden wird (§ 30 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 63 Abs. 3 Kantonsverfassung).
Die rechtsvergleichenden Ausführungen in den Materialien, wonach in den Kantonen Luzern und Freiburg längst ähnliche Regelungen in Kraft seien, lassen sich mangels Quellenangaben nicht verifizieren. Nach unserem Dafürhalten enthalten jedenfalls weder § 13 ff. des geltenden Energiegesetzes des Kantons Luzern noch Art. 10 ff. des geltenden Energiegesetzes des Kantons Freiburg ein derart radikales Verbot von fossilen Wärmeerzeugern. So hält Art. 11b Abs. 2 EnGe/FR fest: «Bei der Erneuerung einer Heizanlage dürfen höchstens 80 % des zulässigen Wärmebedarfs für Heizung und Warmwasser mit nicht erneuerbaren Energien gedeckt werden.» Und § 13 KEnG/LU besagt: «Beim Ersatz des Wärmeerzeugers in bestehenden Bauten mit Wohnnutzung hat die Bauherrschaft eigenverantwortlich die Umstellung auf erneuerbare Energien zu prüfen. Dabei darf der Anteil an nichterneuerbarer Energie 90 Prozent des massgeblichen Bedarfs nicht überschreiten.» Selbst die (in der Vernehmlassungsvorlage wohl mit dem gleichnamigen Kanton verwechselte) Stadt Luzern sieht in ihrer überarbeiteten Bau- und Zonenordnung lediglich ein punktuelles Verbot von fossilen Heizungen vor, welches in keiner Weise an die vorgeschlagene radikale Regelung für das Baselbiet heranreicht.
Inhaltlich ist gegen die vorgeschlagene Baselbieter Regelung sodann einzuwenden, dass die Materialien zwar noch auf einen möglichen unverhältnismässig hohen finanziellen Aufwand für die Liegenschaftsbesitzer bei der Beachtung des Verbots eingehen, in der Folge die wirtschaftliche Tragbarkeit im Erlasstext aber keine Erwähnung mehr findet.
Auch gilt es an dieser Stelle auf die Selbstverständlichkeit hinzuweisen, dass die als behaglich empfundene Innenraumtemperatur durch die Bewohnerinnen und Bewohner eines Gebäudes definiert wird und sicher nicht durch den Staat. Ein Heizwärmeerzeuger hat diese Temperatur zu finanziell vertretbaren Kosten zu erbringen.
Zu Abs. 2 des Dekretsentwurfs ist speziell einzuwenden, dass das Recht der Bürgerinnen und Bürger, ein Gesuch an den Staat zu richten, keiner Regelung bedarf. Dieses Recht ist in § 10 Abs. 1 der Kantonsverfassung längst verbrieft. Die für die Vorlage gewählte Formulierung ist denn auch in keiner Weise mit dem Staatsverständnis der SVP Baselland zu vereinbaren. Die Verwaltung dient dem Bürger und nicht umgekehrt. Zu normieren ist nicht, dass der Bürger ein Gesuch stellen darf, sondern vielmehr unter welchen Voraussetzungen das Amt für Umweltschutz und Energie eine Bewilligung zu erteilen hat. Sind diese Voraussetzungen gegeben, besteht für das Amt auch keine willkürliche Wahlmöglichkeit bei der Bewilligungserteilung.
Zusammenfassend lehnt die SVP Baselland die vorgeschlagene Regelung für § 1a Energiedekret klar ab. Sollte diese Norm dennoch eingeführt werden, so gehört sie im Mindesten auf Gesetzes- und nicht auf Dekretsstufe geregelt und ist sie wie folgt zu verfassen:
- X E-EnG [neu] – Verbot der Heizwärmeerzeugung mit nicht erneuerbaren Energien
- Bei Neubauten oder beim Ersatz des Heizwärmeerzeugers in bestehenden Bauten ist ein auf erneuerbaren Energien basierendes System einzusetzen, soweit es sowohl technisch möglich als auch kostenneutral ist, damit die von den Bewohnerinnen und Bewohnern gewünschte Wärme zu erzeugen.
- Ist dies technisch nicht möglich oder nicht kostenneutral, so erteilt das Amt für Umweltschutz und
Energie auf begründetes Gesuch hin eine Ausnahmebewilligung.
- 1 Abs. 3 des geltenden Energiedekrets und § 2a Abs. 3 des Entwurfs wären ebenfalls entsprechend dem vorstehend vorgeschlagenen Absatz 2 anzupassen.
§ 2a Entwurf Energiedekret – PV-Eigenstromerzeugung bei Neubauten
Die Förderung von Photovoltaikanlagen findet im Grundsatz unsere Zustimmung. Es handelt sich um eine effiziente und landschaftsschonende Gewinnung von erneuerbarer Energie im Baselbiet. Wir halten aber dafür, dass ein vorgeschriebener Mindestwert an zu erzeugendem Strom in Relation zur mit Solarzellen nutzbaren Gebäudeoberfläche zu setzen ist und nicht zur Energiebezugsfläche, welche definitionsgemäss der Summe aller innerhalb der thermischen Gebäudehülle liegenden ober- und unterirdischen Geschossflächen entspricht. Auch vertritt die SVP Baselland die Ansicht, dass die Forcierung der Photovoltaik zwingend mit der dezentralen Stromspeicherung bei den Gebäuden zur möglichst durchgängigen Eigenstromnutzung verbunden werden muss. Wiederum setzt sich die Vorlage völlig unzureichend mit der Thematik der Energiespeicherung auseinander. Auch hier drängt sich eine vertiefte Überarbeitung auf.
§ 4 Entwurf Energiedekret – Ausnahmebestimmung
Der vorgeschlagene § 4 Abs. 1 des Dekretsentwurfs nimmt abermals eine Formulierung auf, welche die SVP Baselland bereits in der Stellungnahme vom 31. Oktober 2014 zum Energiegesetz gerügt hat. Ein Rechtserlass ist definitionsgemäss allgemeinverbindlich, soweit keine Einschränkung des Anwendungsbereichs erfolgt. Die vorliegende Norm ergibt folglich keinen Sinn. Offenkundig sollen Gesetz und Dekret in ihrem definierten Anwendungsbereich nicht allein dort gelten, wo eine Bewilligung erforderlich ist. Um diesen Gesichtspunkt anhand einer Analogie nochmals zu verdeutlichen: Dass der Abfallsack jeweils mit einer Marke zu versehen ist, bevor man ihn abholen lässt, gilt ungeachtet dessen, dass für das Anbringen einer Abfallmarke nicht zuerst eine Bewilligung eingeholt werden muss. Dass sodann ein Erlass von Privatpersonen auf freiwilliger Basis stets auch ausserhalb seines definierten Anwendungsbereichs analog angewendet werden kann, ist selbstverständlich und bedarf schlicht keiner Regelung. Letztlich ist die Normierung von Pflichten in einem Gesetz das exakte Gegenteil des Vertrauens auf die Eigenverantwortung, weshalb auch dieses Wort in einem verfehlten Zusammenhang verwendet wird. Auf § 4 Abs. 1 Energiedekret ist deshalb genauso zu verzichten, wie der heutige § 38 Abs. 1 des Energiegesetzes nunmehr aufzuheben ist. Das ist kein Verlust, sondern die Beseitigung einer gesetzgeberischen Kuriosität.
Zur Energieverordnung
§ 9a Entwurf Energieverordnung – Anforderungen an öffentliche Bauten und Anlagen von Kanton und Gemeinden
Die in der Anhörung der Gemeinden zur Änderung der Energieverordnung aufgrund des Energieplanungsberichts 2022 vorgesehene Ergänzung eines § 9a lehnt die SVP Baselland ab, soweit die Gemeinden davon betroffen sind. Angesichts der Gemeindeautonomie liegt die Entscheidung darüber, ob bei kommunalen öffentlichen Bauten angesichts der jeweiligen finanziellen Möglichkeiten einer Gemeinde das Notwendige an energietechnischen Massnahmen erbracht oder gar eine Vorbildrolle angestrebt werden soll, allein bei der betreffenden Gemeinde. Es ist nicht am Kanton, dies allgemeingültig festzuschreiben.
Wir danken Ihnen für die konzis und verständlich ausformulierte Botschaft, Ihre geschätzte Kenntnisnahme unserer Stellungnahme sowie deren Berücksichtigung.
Mi freundlichen Grüssen
SVP Baselland
Dominik Straumann, Parteipräsident
Peter Riebli, Fraktionspräsident
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