VERNEHMLASSUNGSEINLADUNG ZUR TEILREVISION DER GESCHÄFTSORDNUNG DES LANDRATS; WAHLVORBEREITUNGSGREMIUM FÜR VOM LANDRAT VORZUNEHMENDE WAHLEN VON RICHTERINNEN UND RICHTERN (MOTION 2021/445)
Sehr geehrte Frau Regierungsrätin Schweizer
Sehr geehrte Frau Getzmann Wüst
Sehr geehrter Herr Steinemann
Sehr geehrte Damen und Herren
Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.
Zusammenfassung der Vernehmlassungsvorlage
Die Vorlage will eine gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass zukünftig ein Wahlvorbereitungsgremium erstmalig antretende Kandidaten bei vom Landrat vorzunehmenden Richterwahlen einer Vorprüfung unterzieht und dem Landrat eine Wahlempfehlung ausspricht; dies unter Wahrung des bis anhin schon berücksichtigten Agreements der politischen Parteien über ein Prozedere zur Wahl von Richterinnen und Richtern durch den Landrat, datierend vom September 2013 (sog. «Gentlemen’s Agreement»), welches bezweckt, den vom Volk vorgegebenen Proporz der Landratswahlen auch in den Gerichten abzubilden.
Konkret soll neu eine Wahlvorbereitungskommission als ständige Kommission des Landrats geschaffen werden, welche aus 13 vom Landrat nach Fraktionsstärke gewählten Mitgliedern des Landrats besteht. Diese Kommission prüft dann jeweils die von der berechtigten Partei vorgeschlagene Kandidatur hinsichtlich der fachlichen und persönlichen Eignung. Bei positiver Vorprüfung ergeht eine Wahlempfehlung zuhanden des Landratsplenums. Bei einer negativen Vorprüfung soll die vorschlagsberechtigte Partei entscheiden dürfen, ob sie eine neue Person portiert, oder ob sie an der bisherigen Kandidatur festhält. Letzteres, verbunden mit der Folge, dass die vorgeschlagene Kandidatur dem Plenum des Landrats (gegebenenfalls mit einer negativen Empfehlung der Wahlvorbereitungskommission) unterbreitet werden soll.
Position der SVP Baselland
Kein erkennbarer Mehrwert
Wie von der Vorlage selbst eingeräumt wird, soll das bis anhin angewandte Prozedere weitestgehend beibehalten werden. Eine eminent wichtige Aufgabe, nämlich die Prüfung von zur Wahl vorgeschlagenen Mitglieder der Judikative auf ihre persönliche und fachliche Eignung, soll nun jedoch statt von vielen nur noch von wenigen wahrgenommen werden: Während Kandidaturen bisher von allen Landrätinnen und Landräten bzw. allen Fraktionen geprüft wurden, soll diese Aufgabe nunmehr einer subalternen, mit bloss 13 Personen besetzten Kommission zukommen. Die SVP Baselland zieht eine Prüfung der Kandidaturen durch die jeweiligen Fraktionen, d.h. unter Einbezug aller Landratsmitglieder, der vorgelagerten Prüfung durch eine Kommission vor, weil sie überzeugt ist, damit aussagekräftigere Ergebnisse zu erzielen.
Dass der Wahlakt selbst beim Plenum des Landrats verbleiben soll, ändert im Übrigen nichts am eben Ausgeführten: Es ist kaum vorstellbar, dass noch eine gleich substantiierte Auseinandersetzung mit einer Kandidatur stattfindet, nachdem sich die Wahlvorbereitungskommission dafür resp. dagegen ausgesprochen hat; vielmehr ist zu davon auszugehen, dass der Landrat diesfalls der Kommissionsempfehlung folgt bzw. die einzelnen Fraktionen einfach dem Eindruck und der Empfehlung ihrer Mitglieder im Wahlvorbereitungsgremium folgen.
Die Schaffung eines 13-köpfigen Wahlvorbereitungsgremiums entspricht nicht dem Stellenwert, welcher die Wahl eines Gerichtsmitglieds nach Ansicht der SVP Baselland für das Parlament haben sollte.
2. Dubioser Zweck
Ohnehin ist nicht klar erkennbar, was genau mit der Vorlage bzw. mit der ihr zugrundeliegenden Motion beabsichtigt wird. Die Motion spricht diesbezüglich ominös von «Schwachpunkten, die behoben werden sollten», ohne diese angeblichen «Schwachpunkte» auch nur annähernd zu spezifizieren. In der parlamentarischen Beratung wurde gemäss der Vorlage offenbar moniert, dass man sich eine sorgfältigere und transparentere Auswahl der Kandidaturen wünsche, und die heutigen Hearings der Parteien zu kurz und ungeeignet seien, um die Fähigkeiten und die Eignung von Personen für das Richteramt zu prüfen.
Dieses angeblich bestehende Problem wird aber sicherlich nicht gelöst, wenn sich nun – wie erwähnt – statt mehrPersonen noch weniger Landratsmitglieder mit den Kandidaten und ihren Qualifikationen auseinandersetzen. Dies gilt umso mehr, also auch nach dem vorgelegten Entwurf das Vorschlagsrecht bei den Fraktionen verbleiben soll. Inwieweit die Vorlage etwas an den jetzigen Transparenzverhältnissen zu ändern vermöchte, ist nicht nur deshalb fraglich: Während Beratungen des Landrats öffentlich sind und davon auch öffentlich zugängliche Protokolle erstellt werden, gilt für Kommissionen das sog. Kommissionsgeheimnis. Mit anderen Worten will die Vorlage einem «Wolf im Schafspelz» gleich, unter dem Deckmantel der Transparenz Diskussionen in eine Kommission verschieben, sodass selbige unter Ausschluss der Öffentlichkeit (und allfälliger Gegenkandidat/innen) im «stillen Kämmerlein» geführt werden könnten. Die Folgen der Annahme dieser Vorlage wären mit Blick auf die Transparenzverhältnisse von Richterwahlen gewiss kein Fortschritt. Das genaue Gegenteil wäre der Fall!
Wenn die gegenwärtig durchgeführten Fraktionshearings von gewissen Stimmen als zu kurz und ungeeignet empfunden werden, dann liegt dies in der Verantwortung der jeweiligen Fraktionen: Sie sollten dieser wichtigen Aufgabe eben die nötige Zeit und Aufmerksamkeit widmen.
Bezeichnenderweise scheint auch der Regierungsrat nicht genau zu wissen, was (ausser Mehrkosten) die vorgeschlagene Einführung einer Richterwahlkommission überhaupt bringen soll: Jedenfalls wird nicht dargelegt, inwiefern die Reform den Nominationsprozess verschlanken soll, «wenn ein Wahlvorbereitungsgremium die Vakanz ausschreiben und die Bewerbungen zentral erfassen würde». Administrative Arbeiten, welche heute die Parteien selber erledigen, würden neu einfach durch ein Kommissionssekretariat erledigt, was zu mehr staatlichem Aufwand und höheren Kosten für den Steuerzahler führt. In einem Satz: Es wird teurer, aufwändiger und bürokratischer, ohne den geringsten Mehrwert zu schaffen; im Gegenteil. Die SVP Baselland lehnt die Vorlage deshalb dezidiert ab.
Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüssen
SVP Baselland
sig. Peter Riebli
Parteipräsident
sig. Reto Tschudin
Fraktionspräsident