EINFÜHRUNG DES KANTONALEN DOPPELPROPORZES – TEILREVISION DES GESETZES ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
Sehr geehrte Damen und Herren
Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.
Grundsätzliche Haltung unserer Partei
Wie bereits im Zuge unserer vorläufigen Stellungnahme von anfangs Mai 2022 geäussert, vermag unsere Partei einer Wahlrechtsreform wie vorgeschlagen nicht viel Gutes abgewinnen:
- Das bestehende Modell weist fraglos seine Mängel auf.
- Ein neues Modell allerdings auch – einfach andere Mängel; gemäss Aussage von PD Dr. Bochsler kann kein Wahlsystem alle systemimmanenten Schwierigkeiten umgehen bzw. lösen.
- Der Auftrag zur Ausarbeitung einer Wahlrechtsreform ist denn auch am 15. September 2022 im Landrat sehr knapp, mit 45:32 Stimmen, an den Regierungsrat erteilt worden.
- Das Projekt hat bereits hohen Aufwand und damit einhergehende Kosten generiert. Die Weiterverfolgung mitsamt Volksabstimmung würde den Aufwand noch erhöhen – bei ungewissem Ausgang notabene, da – wie erwähnt – nicht alle Probleme gelöst werden könnten. An finanziellen Folgen stehen dabei nicht bloss die einigen Tausend Franken an IT-Umstellungskosten im Raum, sondern die Durchführung einer Volksabstimmung mit vermutlich zwei Lagern und entsprechenden volkswirtschaftlichen Kosten.
Insgesamt lehnt unsere Partei angesichts des Geschilderten die Wahlrechtsreform ab. Wir werden uns im Landrat dafür einsetzen, dass auf die Wahlrechtsreform gänzlich verzichtet wird.
Betrachtung einzelner Aspekte
Die Wahlrechtsreform verfolgte ursprünglich die folgenden Ziele:
- Verhinderung unerklärlicher Sitzsprünge, sog. «gegenläufige Sitzvergebung»
- Bessere Proportionalität bzgl. Verhältnis von Parteistimmen zu Sitzen
Während Ziel Nr. 2 mit der aktuellen Vorlage («doppelter Pukelsheim») grundsätzlich erreicht werden könnte, wobei zu sagen ist, dass in der Öffentlichkeit in der Vergangenheit ein Proportionalitätsdefizit gar nie zur breiteren Debatte stand, entschärft sich Ziel Nr. 1 zwar, dies aber nicht vollständig. Denn wie die LR-Vorlage auf S. 13 korrekt erläutert, bleibt die sog. gegenläufige Sitzverteilung angesichts der Sitzverschiebung zugunsten des Proporzes in andere Wahlkreise möglich. Die Variante «4-Wahlkreise» indessen, die wir in unserer Stellungnahme vom Mai 2022 eventualiter bevorzugt hatten, könnte diesen Mangel beseitigen. Die nun vorgeschlagene Aufhebung der Ebene «Wahlregionen» indessen geht in die andere Richtung. Mit dem vergleichsweisen Vorteil der höheren lokalen Verankerung, dem Nachteil aber der nicht beseitigten Sitzsprünge.
Mithin kann Ziel Nr. 2 (Proportionalität) mit der Vorlage erreicht werden, dies allerdings auf Kosten der Nicht-Beseitigung von Ziel Nr. 1 betreffend Sitzsprünge (welches, mindestens jeweils nach den kantonalen Wahlen, in der Öffentlichkeit zu Diskussionen geführt hat). Und im Übrigen mit Verschiebungen der Mandate je Wahlkreis gegenüber heute, was wir nicht als unproblematisch erachten, wanderte doch u.a. ein Mandat vom Oberbaselbiet ab in den unteren Kantonsteil, mit Einfluss auf den ursprünglichen «Vater des Gedankens» bzw. des Wahlmodells bzgl. des Bevölkerungsschwundes im Oberbaselbiet.
Mit dem beabsichtigten Quorum zur Verhinderung der Einsitznahme von Kleinstparteien ohne Fraktionsstärke soll schliesslich sichergestellt werden, dass eine Listengruppe nur bei Erreichen von min. 5% der Parteistimmen eines Wahlkreises oder bei Erreichen eines gesamtkantonalen Wähleranteils von min. 3% an der Sitzverteilung teilnehmen kann. Im Grundsatz sind wir mit dieser Regelung eventualiter einverstanden. Wir regen in dessen an, dass die Hürden weiter erhöht werden (bis 10% im Wahlkreis bzw. 5% kantonsweit), um eine zu weitgehenden Parteienzersplitterung zu verhindern.
Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüssen
SVP Baselland
sig. Dominik Straumann
Parteipräsident
sig. Peter Riebli
Fraktionspräsident