TEILREVISION DER KANTONSVERFASSUNG BETREFFEND KLIMASCHUTZ (UMSETZUNG DER PARLAMENTARISCHEN INITIATIVE 2022/351 «KLIMASCHUTZ-ARTIKEL FÜR DIE BASELBIETER VERFASSUNG?»)
Sehr geehrter Herr Regierungsrat Reber
Sehr geehrte Damen und Herren
Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.
Zusammenfassung der Vernehmlassungsvorlage
Mit der eingereichten parlamentarischen Initiative «Klimaschutz-Artikel für die Baselbieter Verfassung» soll der Klimaschutz neu zum Verfassungsauftrag erklärt und in der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft verankert werden. Ziel dabei ist die Treibhausgasneutralität («Netto-Null»).
Durch den Verfassungsartikel sollen der Kanton und die Gemeinden verpflichtet werden, sich für die Begrenzung des Klimawandels und seiner Auswirkungen einzusetzen, indem sie entsprechende Rechtsgrundlagen erlassen und Massnahmen beschliessen. Solch eine Verpflichtung der Gemeinden stellt einen Angriff auf deren bundesverfassungsrechtlich garantierte Autonomie dar.
Der Klimaschutz-Artikel wiederholt auf Kantonsebene nur die bereits auf Bundesebene definierten Ziele, welche mit der Gletscher-Initiative vom 18. Juni 2023 angenommen wurden.
Position der SVP Baselland
Im Allgemeinen
Die SVP Baselland lehnt die Aufnahme eines Klimaschutzartikels in die Verfassung des Kantons Basel-Landschaft dezidiert ab. Sowohl der Landrat als auch die zuständige Kommission haben dem Anliegen jeweils nur knapp zugestimmt.
Die Kantonsverfassung ist die massgebende Richtlinie für die Gesetzgebung, den Erlass von Verordnungen und Entscheide innerhalb des Kantons. Sie gibt diejenigen Kriterien vor, welche bei der Ausgestaltung subkonstitutioneller Bestimmungen massgebend sind, und kann im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung bei der Klärung unbestimmter Rechtsbegriffe als Orientierungshilfe dienen. In der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft fehlt eine Bestimmung zur Energieversorgung, -sicherstellung und
-verfügbarkeit. Die SVP Baselland sieht deshalb keinen Anlass, auf kantonaler Verfassungsstufe eine Bestimmung zum Klimaschutz aufzunehmen, solange auf derselben Normstufe Fragen der Energieversorgung weiterhin ungeklärt bleiben. Ein Klimaschutz-Artikel in der Verfassung würde das anzustrebende Gleichgewicht zwischen Energieversorgungs- und Klimaschutzzielen weiter zu Lasten des Wirtschaftsstandorts und der Baselbieterbevölkerung verschieben.
Des Weiteren stellt der vorgeschlagene § 112a Abs. 1 einen Angriff auf die gemäss Art. 50 Abs. 1 der Bundesverfassung (SR 101) garantierte Gemeindeautonomie dar. Die Regelungs- und Vollzugsfreiheit von Baselbieter Gemeinden (d.h. ihre Autonomie) ist nach § 47a Abs. 2 der Kantonsverfassung «grösstmöglich» zu gewährleisten. Die Aufnahme eines Klimaschutz-Artikels schränkt die Freiheiten der Gemeinden dahingegen ein. Auch aus diesem Grund lehnt die SVP BL die Verfassungsänderung ab. Die Gemeindeautonomie stellt nach der SVP Baselland einen Grundpfeiler des Schweizer Föderalismus dar und ist strikte zu respektieren.
Eine verfassungsrechtliche Verankerung des Klimaschutzes auf kantonaler Ebene schränkt die Autonomie des Kantons Basel-Landschaft und deren Gemeinden in der Gestaltung eigener Umweltschutzmassnahmen massiv ein.
Die Bewahrung der natürlichen Ressourcen für zukünftige Generationen und der Schutz der Lebensgrundlagen in der Schweiz sind unbestrittenermassen von elementarer Bedeutung. Doch mit einem Flickenteppich durch individuelle Gesetzgebung in einzelnen Kantonen und Gemeinden ist das Klima nicht gerettet und auch nicht zu retten. Der Klimaschutz, resp. die Anpassung an die Klimaänderung, ist eine nationale und internationale Aufgabe und erfordert eine einheitliche und koordinierte Strategie auf Bundesebene.
Drastische Massnahmen und übermässige Regulierungen in einzelnen Kantonen führen zu hohen Kosten für die lokale Wirtschaft und die Bevölkerung. Die Klimaschutzmassnahmen müssen sinnvoll auf Bundesebene gestaltet sein, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft und den Wohlstand der Schweitzer Bevölkerung nicht zu gefährden.
Aus all den erwähnten Gründen lehnt die SVP Baselland die Verfassungsanpassung ab. Sollte eine vollständige Ablehnung nicht durchsetzbar sein, sind zwingend die nachfolgenden Änderungen vorzunehmen.
Zwingende Änderungen im Falle einer unvollständigen Ablehnung der Verfassungsanpassung
Wir fordern, dass der Klimaschutz nicht durch ineffektive und wirtschaftsfeindliche Massnahmen gefährdet wird und verlangen folgende Änderungen:
- 112 (geändert)
- Der Kanton fördert die Entwicklung und Anwendung von Technologien, Materialen und Prozessen, die zum Umwelt- und Klimaschutz sowie insbesondere zur Anpassung an den Klimawandel beitragen.
Die Verpflichtung der Gemeinden ist zwingend zu streichen.
Die Autonomie der Gemeinden ist zu respektieren. Die klimatischen und wirtschaftlichen Bedingungen sind in den einzelnen Gemeinden des Kantons Basel-Landschaft unterschiedlich. Es ist ineffizient, alle Gemeinden mit derselben Verfassungsregelung zu binden, anstatt ihnen die Freiheit zu lassen, mit spezifischen Ansätzen auf die unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort einzugehen.
Auch können die einzelnen Gemeinden oft effizienter wirtschaften und schneller auf lokale Gegebenheiten reagieren, da sie besser informiert sind und keine langen bürokratischen Wege einhalten müssen.
- 112a Klimaschutz (neu)
Gesamter Artikel ist ersatzlos zu streichen.
Der Klimaschutz wird auf Bundesebene neu in der Bundesverfassung geregelt und gilt schweizweit für alle Kantone und Gemeinden einheitlich. Dadurch ist gewährleistet, dass alle Kantone und Gemeinden mit dem gleichen Ziel hinarbeiten.
Darüber hinaus bestehen zahlreiche internationale Verpflichtungen sowie kantonale Gesetze und Programme, die sich dem Klimaschutz widmen, wie beispielsweise die Klima-Charta der Nordwestschweizer Regierungskonferenz (NWRK). Eine zusätzliche Bestimmung in der Kantonsverfassung, welche die gleichen Ziele wiederholt, ist demzufolge redundant und das Zeichen einer ausufernden Bürokratie.
Die höheren Kosten und die regulatorischen Hürden, welche durch die strengen und unflexiblen Klimaschutzmassnahmen auf Verfassungsebene entstehen, belasten vorwiegend die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Diese Mehrbelastung führt zwangsläufig zur Abwanderung von Unternehmen und Investitionen in andere, weniger streng regulierte Kantone (oder Länder). Der Kanton Basel-Landschaft wird somit in seiner wirtschaftlichen Freiheit und Wettbewerbsfähigkeit geschwächt und verliert als Wirtschaftsstandort an Attraktivität.
Die SVP Baselland ist überzeugt, dass der Klimaschutz, resp. die Anpassung an die Klimaänderung, durch die Eigenverantwortung von Gemeinden, Individuen und Unternehmen sowie durch freiwillige Massnahmen und Innovationen aus der Privatwirtschaft weit besser erreicht werden kann als durch staatliche Vorschriften und Regulierungen.
Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüssen
SVP Baselland
sig. Peter Riebli
Parteipräsident
sig. Markus Graf
Fraktionspräsident