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Vernehmlassung

TEILREVISION DES EINFÜHRUNGSGESETZES ZUR SCHWEIZERISCHEN ZIVILPROZESSORDNUNG (EG ZPO)

Sehr geehrte Frau Regierungsrätin Schweizer
Sehr geehrte Frau Getzmann
Sehr geehrte Damen und Herren

Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.

Zusammenfassung der Vernehmlassungsvorlage

Die revidierte Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO)[1] wird auf den 1. Januar 2025 in Kraft gesetzt. Durch die Revision werde den Rechtssuchenden der Zugang zum Gericht erleichtert und damit die Rechtsdurchsetzung verbessert. Zudem werde das Schlichtungsverfahren ausgebaut und das Familienverfahrensrecht optimiert.

Das kantonale Einführungsgesetz zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (EG ZPO)[2] soll auf den gleichen Zeitpunkt an das neue Bundesrecht angepasst werden. Gleichzeitig würden punktuell Erkenntnisse aus der heutigen Gerichtspraxis aufgenommen. Im Wesentlichen sollen folgende Anpassungen vorgenommen werden:

Klarstellungen ohne Änderung der Rechtslage

Die Überschriften des Abschnitts 2.1 sowie von § 2 «Schlichtungsversuche» sollen entsprechend der ZPO durch den Begriff «Schlichtungsbehörden» ersetzt werden.

Bei den Entscheiden gemäss § 7 Abs. 4 habe es sich seit jeher um Sachentscheide gehandelt, was entsprechend der Anpassung in der revidierten ZPO im EG ZPO nachvollzogen werden soll.

Schliesslich soll klargestellt werden, dass für den Vollzug von vollstreckbaren Entscheiden und öffentlichen Urkunden die bei der Sicherheitsdirektion (SID) angegliederte Vollzugsbehörde Zivil- und Verwaltungsrecht zuständig ist.

Diese Anpassungen sollen die Klarheit und Verständlichkeit des EG ZPO erhöhen.

Anpassungen betreffend Zuständigkeiten

Die Schlichtungsstelle für Mietangelegenheiten soll neu bei allen Streitigkeiten aus Pacht von unbeweglichen Sachen zuständig sein, auch in allen Fällen der landwirtschaftlichen Pacht[3].

Für streitige Scheidungs- und Abänderungsverfahren sollen weiterhin die Dreierkammern der Zivilkreisgerichte zuständig bleiben, obwohl diese gemäss revidierter ZPO neu im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden sollen und für diese Verfahrensart heute die Zivilkreisgerichtspräsidien zuständig sind.[4]

Das Präsidium des Kantonsgerichts, Abteilung Zivilrecht, soll neu Fälle im vereinfachten Verfahren, für welche das Kantonsgericht als einzige kantonale Instanz zuständig ist[5], beurteilen dürfen[6]. Damit könnten die Verfahren beschleunigt werden.

Festgehalten werden soll die Zuständigkeit des Präsidiums der Abteilung Zivilrecht des Kantonsgerichts für Vollstreckungsgesuche[7] von Entscheiden, die in die Zuständigkeit des Kantonsgerichts, Abteilung Zivilrecht, als einziger kantonaler Instanz fallen.[8]

Neu sollen die Dreierkammern der Zivilkreisgerichte in bestimmten Fällen und die Dreierkammer des Kantonsgerichts, Abteilung Zivilrecht, ihre Entscheide im Zirkulationsverfahren treffen können, was teilweise bereits heute in der Praxis so gehandhabt werde.[9]

Gestrichen werden soll das heutige Wahlrecht der Parteien, wonach eine Berufung oder Beschwerde von der Dreierkammer des Kantonsgerichts, Abteilung Zivilrecht, anstatt vom Präsidium beurteilt wird[10]. Dieses Wahlrecht sei in der Vergangenheit kaum ausgeübt worden und entspreche offensichtlich nicht dem Bedürfnis der Parteien.

Zulassung von beruflich qualifizierten Parteivertretern

In miet- und arbeitsrechtlichen Verfahren, in denen das summarische oder vereinfachte Verfahren zur Anwendung gelangt, sollen (zusätzlich zu Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten) ausdrücklich auch beruflich qualifizierte Vertreterinnen und Vertreter – wie beispielsweise professionelle Liegenschaftsverwaltungen in mietrechtlichen oder Gewerkschaftsvertretungen in arbeitsrechtlichen Verfahren – zugelassen werden.[11]

Position der SVP Baselland

Die SVP Baselland begrüsst grundsätzlich die Verbesserungen, welche mit der Revision der ZPO angestrebt werden, und damit auch den Nachvollzug der entsprechenden neuen bzw. geänderten bundesrechtlichen Bestimmungen im EG ZPO. Hingegen geben die folgenden neuen Regelungen Anlass zu Bemerkungen bzw. Forderungen:

Streichung des Wahlrechts bei Beschwerden und Berufungen (§ 6 Abs. 2 EG ZPO)

Auch wenn von der Möglichkeit, eine Berufung oder Beschwerde von der Dreierkammer des Kantonsgerichts, Abteilung Zivilrecht, anstatt vom Präsidium beurteilen zu lassen, in der Vergangenheit offenbar wenig Gebrauch gemacht wurde, stärkt diese Option – diese Offerte, wenn man so will – das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit. Deshalb sind wir der Meinung, dass von der Streichung von § 6 Abs. 2 EG ZPO abzusehen ist.

Zulassung von beruflich qualifizierten Parteivertretern (§ 7a EG ZPO)

Die regelmässige Vertretung von Parteien im basellandschaftlichen Zivilprozess in miet- und arbeitsrechtlichen Streitigkeiten werde heute bereits von Personen ohne Zulassung zum Anwaltsberuf wahrgenommen, so etwa durch Liegenschaftsverwalter oder Gewerkschaftsvertreter. Dieser Zustand widerspricht dem Grundgedanken des Anwaltsgesetzes, gemäss welchem grundsätzlich nur im Anwaltsregister eingetragene Anwältinnen und Anwälte zur berufsmässigen Vertretung von Parteien vor den Gerichten zugelassen sind; dies zum Schutz des Publikums.[12] Das wiederholte Auftreten als Parteivertretung vor Gericht stellt eine berufsmässige Vertretung im Sinne des Anwaltsgesetzes dar. Die Zulassung von anderweitig beruflich qualifizierten Parteivertretern würde eine Ausnahmeregelung, wie sie für die Vertretung in Steuersachen bereits besteht[13], voraussetzen, damit diese ebenfalls den anwaltlichen Berufsregeln unterstellt werden. Zudem wäre die erforderliche Qualifikation im Anwaltsgesetz zu definieren. Nur so ist der Publikumsschutz wirksam sichergestellt, dies insbesondere in Bezug auf die für die Vertretung erforderliche berufliche Qualifikation sowie bezüglich der Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung, wie dies für Anwältinnen und Anwälte vorgeschrieben ist[14]. Ohne diese Änderungen des Anwaltsgesetzes, welche im Rahmen der vorliegenden Gesetzesrevision nicht zeitgerecht bewerkstelligt werden können, ist auf die Schaffung des neuen § 7a EG ZPO zu verzichten.

[1] SR 272; BBl 2023 786.

[2] SGS 221.

[3] § 2 Abs. 1 Bst. d EG ZPO.

[4] § 3 Abs. 1 Bst. c EG ZPO.

[5] Zuständigkeit gemäss Art. 5 ZPO.

[6] § 5 Abs. 1 Bst. c EG ZPO.

[7] Gemäss Art. 335 ff. ZPO.

[8] Neuer § 5 Abs. 1 Bst. e EG ZPO.

[9] § 4 Abs. 3 und § 6 Abs. 4 EG ZPO.

[10] Streichung von § 6 Abs. 2 EG ZPO.

[11] Neuer § 7a EG ZPO.

[12] § 4 Abs. 1 Anwaltsgesetz (SGS 178).

[13] § 4 Abs. 3 Anwaltsgesetz.

[14] § 13 Abs. 1 Bst. b Anwaltsgesetz.

Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüssen
SVP Baselland

sig. Peter Riebli
Parteipräsident

sig. Markus Graf
Fraktionspräsident

Vernehmlassung im Pdf-Format

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