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Vernehmlassung

ZUSAMMENARBEIT VON KANTON UND GEMEINDEN IN DER FRÜHEN SPRACHFÖRDERUNG – ERLASS EINES GESETZES ÜBER DIE FRÜHE SPRACHFÖRDERUNG

VERNEHMLASSUNGSANTWORT

ZUSAMMENARBEIT VON KANTON UND GEMEINDEN IN DER FRÜHEN
SPRACHFÖRDERUNG – ERLASS EINES GESETZES ÜBER DIE FRÜHE SPRACHFÖRDERUNG

Sehr geehrte Frau Regierungsrätin Schweizer
Sehr geehrter Herr Nigl
Sehr geehrte Damen und Herren

Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.

Zusammenfassung  der Vernehmlassungsvorlage

Diese Vorlage bezweckt die Schaffung eines neuen Gesetzes über die frühe Sprachförderung in Deutsch (SpraFöG), welches den Gemeinden ermöglichen soll, ein selektives Sprachförderobligatorium für Kinder mit Sprachförderbedarf ein Jahr vor dem Kindergarteneintritt einzuführen. Dabei soll es den Gemeinden grundsätzlich freistehen, wie weit sie sich in der frühen Sprachförderung engagieren und ob sie das selektive Sprachförderobligatorium vorsehen wollen. Jene Gemeinden, die sich für dieses Instrument entscheiden, würden den Besuch obligatorischer Angebote zur frühen Sprachförderung für jene Kinder hoheitlich verfügen, welche entsprechenden Bedarf aufweisen. Damit erkannt werden kann, bei welchen Kindern ein massgebender Sprachförderungsbedarf vorliegt, soll jährlich der Sprachstand bei allen im Kanton Basel-Landschaft wohnhaften Kindern im relevanten Alter erhoben werden.

Damit einhergehend soll auf kantonaler Ebene eine Koordinationsstelle «Frühe Sprachförderung» geschaffen werden, welche die Sprachstanderhebung durchführt und die Gemeinden sowie die Erziehungsberechtigten über die Ergebnisse informiert. Zudem hat die besagte Koordinationsstelle zum Zweck, die Leistungserbringer der frühen Sprachförderung (Spielgruppen, Kindertagesstätten und Tagesfamilien) dabei zu unterstützen, die Qualität ihrer Angebote zu verbessern.

Die Vorlage basiert auf der Erkenntnis, dass die Anzahl der Kinder mit ungenügenden Deutschkenntnissen in den letzten Jahren stark zugenommen hat, und zwar sowohl unter Kindern mit fremdsprachiger Herkunft als auch unter Schweizer Kindern. Im Hinblick auf die Tatsache, dass die frühe Sprachförderung derzeit nur punktuell angeboten wird, würden einzelne Baselbieter Gemeinden gerne ein selektives Sprachförderobligatorium einführen, um Kinder mit Sprachförderbedarf besser zu erreichen. Allerdings fehlt es aktuell an einer gesetzlichen Grundlage, an einer kantonsweit einheitlichen Regelung zur Umsetzung eines Sprachförderobligatoriums sowie an definierten Qualitätskriterien für die frühe Sprachförderung. Diese Lücken will der angestrebte neue Erlass füllen.

Position der SVP Baselland

Die SVP Baselland hält prinzipiell fest, dass die Erlangung solider Kenntnisse der deutschen Sprache für die persönliche, schulische und berufliche Entwicklung eines Kindes von fundamentaler Bedeutung ist. Leider hat die in weiten Teilen verfehlte Einwanderungspolitik des Bundes, namentlich im Zusammenhang mit der ungezügelten Masseneinwanderung aufgrund des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU, dazu geführt, dass bei Kindern im Vorschulalter immer mehr massive sprachliche Defizite konstatiert werden müssen. Dazu kommt der Umstand, dass sich viele Einwanderer aus anderen Staaten als der EU, insbesondere auch Asylsuchende, in sprachlicher Hinsicht höchst ungenügend in unserem Land zu integrieren vermögen, was sich selbstredend negativ auf deren Kinder auswirkt. Insbesondere geben wir an dieser Stelle unserem Bedauern Ausdruck, dass gute Deutschkenntnisse von den schweizerischen Behörden viel zu wenig verbindlich eingefordert werden, und umgekehrt eine dauernde fehlende Integration in die einheimische Sprache kaum je sanktioniert wird, beispielsweise mit Kürzungen der Sozialhilfegelder oder mit einer Aberkennung des Aufenthaltstitels.

Die skizzierte Fehlentwicklung bewirkt mannigfache negative Auswirkungen auf der staatlichen und gesellschaftlichen Ebene: So haben die jüngsten Erfahrungen unmissverständlich gezeigt, dass sich die Unterschiede der Kinder in der Sprachentwicklung beim Eintritt in den Kindergarten immer weiter vergrössern. Als Konsequenz daraus ist das Bildungsniveau an unseren Schulen substanziell gesunken, und die Lehrerinnen und Lehrer sind gehalten, zahlreichen Kindern zusätzlich zum regulären Unterrichtsstoff sprachliche Grundfertigkeiten zu vermitteln, was an sich nicht zu ihrem Aufgabenkreis gehört und den Lernfortschritt in den einzelnen Klassen massgeblich beeinträchtigt. Ebenso erweist es sich als offensichtlich, dass Kinder mit ungenügenden Deutschkenntnissen in ihrer beruflichen Entwicklung sowie hinsichtlich der Chancen auf dem Arbeitsmarkt massiv eingeschränkt sind. Oftmals schaffen sie es alleine aufgrund ihrer sprachlichen Mängel nicht, ein genügendes Erwerbseinkommen zu erlangen, so dass sie von staatlichen Unterstützungsleistungen abhängig werden.

Angesichts der erwähnten gravierenden Konsequenzen anerkennt die SVP Baselland grundsätzlich die Notwendigkeit, die gebotenen Strukturen zu schaffen, um essentielle Defizite von Kindern in der deutschen Sprache bereits vor dem Kindergarteneintritt zu verbessern. Damit soll ein wirksamer Beitrag zur Integration in die Bildungseinrichtungen, in den Arbeitsmarkt sowie in die Gesellschaft als Ganzes geleistet werden mit dem klaren Ziel, die Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu fördern sowie drohende staatliche Abhängigkeit in Form von Transferzahlungen (z.B. Arbeitslosenentschädigung, IV-Rente, Sozialhilfe) zu verhindern. Im Übrigen belegen verschiedene Untersuchungen, dass mit einem ausreichenden Erwerb der einheimischen Sprache auch die Wahrscheinlichkeit für deviantes Verhalten, etwa in Form krimineller Auffälligkeit, reduziert werden kann. Auf diese Weise offenbart sich ein staats- und gesellschaftspolitischer sowie spezifisch volkswirtschaftlicher Nutzen, wenn bereits in frühem Kindesalter ausreichende Deutschkenntnisse eingefordert werden.

Dabei beziehen wir in unsere Überlegungen namentlich auch das Faktum ein, dass sich Mängel in der sprachlichen Entwicklung erfahrungsgemäss mit zunehmendem Alter immer schwieriger kompensieren lassen. Gemäss neurowissenschaftlichen Erkenntnissen liegen die Vorzüge einer vorschulischen Sprachförderung im qualifiziert hohen Lernpotenzial im Kleinkindalter sowie in den in dieser Lebensphase besonders effizienten Spracherwerbsmechanismen, was die Erforderlichkeit einer spezifisch frühen Sprachförderung zusätzlich erhellt. Somit liegt es auf der Hand, dass eine möglichst früh einsetzende Sprachförderung in langfristiger Hinsicht mit insgesamt weniger Aufwand und Kosten verbunden ist, was sowohl für die betroffenen Kinder als auch für den Staat als übergeordnete Gemeinschaft gilt.

Allerdings betont die SVP Baselland mit allem Nachdruck, dass die Erlangung genügender Deutschkenntnisse nicht nur ein subjektives Recht der betroffenen Individuen darstellt, sondern primär eine von der staatlichen Gemeinschaft einzufordernde Pflicht. Mithin sind wir der dezidierten Meinung, dass sämtliche in der Schweiz lebenden Menschen ausländischer Herkunft verpflichtet sind, sich mit allen ihren verfügbaren Kräften und Mitteln in Eigenregie um passable Kompetenzen hinsichtlich der geltenden Amtssprache zu bemühen. Auf einen kurzen Nenner gebracht, heisst dies schlicht und einfach: Wer im Kanton Basel-Landschaft leben will, muss ausreichend Deutsch können.

Damit bildet jedoch das Instrument der frühen Sprachförderung keinen Anspruch auf eine möglichst umfassende Rundumversorgung mit staatlichen Dienstleistungen, sondern in erster Linie eine persönliche Verpflichtung der Betroffenen im Sinne einer Holschuld, welche mit dem gewährten Rechtstitel eines Aufenthalts in unserem Land notwendigerweise verbunden ist. Wer sich dieser Verpflichtung entzieht, soll daher auch mit entsprechenden Sanktionen rechnen müssen, welche bis hin zur Aberkennung des Aufenthaltsrechts zu reichen haben. Wir stellen fest, dass sich diese Grundhaltung der SVP Baselland ganz wesentlich von den Intentionen der vorstehenden Vernehmlassungsvorlage unterscheidet.

Entsprechend ihrer dargelegten Grundhaltung kann die SVP Baselland das Instrument der frühen Sprachförderung nur dann unterstützen, wenn das Modell kumulativ den folgenden Aspekten Rechnung trägt:

  • Zunächst muss die sachliche und örtliche Kompetenz für die Bereitstellung der Instrumentarien der frühen Sprachförderung ausschliesslich bei den Gemeinden angesiedelt sein. Damit wird einerseits der Gemeindeautonomie sowie dem staatspolitisch fundamentalen Subsidiaritätsprinzip nachgelebt. Andererseits sind es die Gemeinden, welche die konkreten Verhältnisse vor Ort, die demografische Zusammensetzung der Bevölkerung sowie deren Bedürfnisse aus eigener Anschauung am besten kennen.
  • Als absolut kardinal erachtet die SVP Baselland das Prinzip, dass die Gemeinden vollständig frei sind, ob und in welchem Masse sie die Instrumente der frühen Sprachförderung einsetzen wollen. Auch über die einzusetzenden finanziellen Mittel müssen die Gemeinden jeweils autonom und abschliessend bestimmen. Folgerichtig muss es den zuständigen Gemeinden insbesondere freistehen, ob sie ein selektives Sprachförderobligatorium für Kinder mit Sprachförderbedarf ein Jahr vor dem Kindergarteneintritt einführen wollen oder nicht.
  • Überdies vertreten wir entschieden den Grundsatz, dass keine bestmögliche flächendeckende Palette an Instrumenten der frühen Sprachförderung mit komfortablem Charakter hochgefahren wird. Vielmehr muss ein einfaches, bedarfsgerechtes Angebot in pragmatischer Weise nach Ermessen der zuständigen Gemeinde genügen. Damit widersprechen wir explizit dem Entwurf der Landratsvorlage, welche insinuiert, ein Mindestmass an «Chancengerechtigkeit» müsse mittels qualitativ gleichwertig hoher Sprachförderung für Kinder unabhängig von ihrem Wohnort gewährleistet werden (S. 17).
  • Bei einer allfälligen Einführung von Angeboten der frühen Sprachförderung auf der Ebene der Gemeinden in freiwilliger Form hegen wir die verbindliche Erwartung, dass im Gegenzug die Kosten für andere Fördermassnahmen, insbesondere jene für Deutsch als Zweitsprache (DaZ), substanziell gesenkt werden. Insofern stellen wir uns gegen den Entwurf der Landratsvorlage, welche auf S. 9 behauptet, eine direkte Auswirkung der frühen Sprachförderung auf eingesparte DaZ-Kosten lasse sich nur schwer nachweisen. Es darf mithin nicht sein, dass zu den bereits bestehenden vielfältigen Angeboten einfach ein weiteres hinzukommt und sich die entsprechenden Kosten zu Lasten der Steuerzahler in unkontrollierter Weise kumulieren. Die SVP Baselland verlangt daher eine sorgfältige Evaluation der Gesamtkosten sämtlicher Sprachförderungsmassnahmen des Kantons und der Gemeinden, welche künftig punkto Entwicklung in regelmässigen Abständen ausgewiesen werden müssen. Überhaupt plädieren wir in diesem Zusammenhang dafür, die neuen Instrumente der frühen Sprachförderung einlässlich mit den diversen vorhandenen Angeboten abzustimmen und eine sinnvolle Koordination sicherzustellen, damit die damit einhergehenden Kosten begrenzt werden können.
  • Die SVP Baselland lehnt die in § 7 des Gesetzes über die frühe Sprachförderung in Deutsch vorgeschlagene flächendeckende, jährliche Sprachstanderhebung betreffend aller im Kanton wohnhaften relevanten Kinder ab. Das postulierte Instrumentarium erscheint uns klarerweise übertrieben und in keinem vernünftigen Verhältnis zu einem allfälligen Nutzen stehend. Die Durchführung einer Sprachstanderhebung für sämtliche Kinder auf dem gesamten Kantonsgebiet erweist sich namentlich als unbegründet, weil sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bloss eine Minderheit der Baselbieter Gemeinden für ein selektives Sprachförderobligatorium entscheiden wird. Für jene Gemeinden würde eine solche Sprachstanderhebung allenfalls noch einen Sinn ergeben, sicher aber nicht für diejenigen Gemeinden, welche gar kein selektives Sprachförderobligatorium vorsehen. Dort würde jedoch die aufwändige und kostspielige Sprachstanderhebung zu einer sinnentleerten alljährlichen «Studien-Übung» mit rein akademisch-theoretischem Wert mutieren. Ferner hegen wir gewisse Zweifel an der Aussagekraft dieser Erhebung, zumal offenbar vorgesehen ist, die betreffenden Eltern vorbereitete Fragebogen ausfüllen zu lassen. Demgegenüber lässt sich der reale Sprachförderungsbedarf bei einem Kind ausschliesslich von jenen Personen evaluieren, die mit ihm in einer direkten und persönlichen Interaktion stehen. Blosse auf theoretischer Basis kreierte Formulare vermögen hingegen kaum zuverlässige Resultate zu liefern, zumal die Ergebnisse davon abhängen, wie wahrheitsgetreu die Fragen von den betroffenen Eltern beantwortet werden.
  • Schliesslich halten wir in aller Deutlichkeit dafür, dass sämtliche Angebote der frühen Sprachförderung für die Eltern des betreffenden Kindes kostenpflichtig sein müssen. Insofern sprechen wir uns klar gegen jedwelche Gratis-Angebote aus, denn wer hierzulande wohnt, muss im Sinne der Selbstverantwortung dafür sorgen, dass er und seine Kinder über genügend Deutschkenntnisse verfügen. Gelingt ihm dies aus eigener Kraft nicht, so ist er verpflichtet, geeignete Angebote des Staates zu nutzen, die jedoch wiederum ihren Preis haben, welche im Sinne des Verursacherprinzips zu verrechnen sind. Insofern opponieren wir ausdrücklich gegen die in § 4 Abs. 3 des Gesetzesentwurfs enthaltene Bestimmung, welche Gemeinden mit selektivem Sprachförderobligatorium verpflichtet, kostenlose Angebote früher Sprachförderung bereitzustellen. Als unzutreffend erweist sich in diesem Kontext der Hinweis im Entwurf der Landratsvorlage, wonach eine Kostenbeteiligung der Erziehungsberechtigten einen Sanktionscharakter annehmen würde, was dem Grundgedanken des vorstehenden Gesetzesentwurfs widerspreche (S. 26 und 27). Stattdessen fordert die SVP Baselland die Normierung einer generellen Kostenbeteiligungspflicht der Erziehungsberechtigten entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit für sämtliche Massnahmen in der frühen Sprachförderung.

In diesem Sinne beantragen wir, das Modell der frühen Sprachförderung samt den entsprechenden Regelungen im zugehörigen Gesetz einer eingehenden Anpassung zu unterziehen, so dass allen unseren vorgenannten Erwägungen gebührend Rechnung getragen wird.

Ferner lädt die SVP Baselland den Regierungsrat ein, einen stärkeren Einbezug der Erziehungsberechtigten in die Angebote der frühen Sprachförderung eingehend zu prüfen. Denn letztlich vermögen die Fördermittel der frühen Sprachförderung bei Kindern im Vorschulalter nur insoweit Wirkung zu zeigen, als auch die Eltern ihrer Verantwortung nachkommen und sich um den Erwerb ausreichender Deutschkenntnisse bemühen. In diesem Kontext ist namentlich eine enge Zusammenarbeit der zuständigen Gemeinden mit dem kantonalen Amt für Migration und Bürgerrecht in Erwägung zu ziehen, welches den Betroffenen im Falle einer Verweigerungshaltung konkrete aufenthaltsrechtliche Massnahmen in Aussicht stellen kann. Zu guter Letzt halten wir es für essentiell, dass auch der Dialekt als integraler Teil der hiesigen Kultur im Rahmen der frühen Sprachförderung in angemessener Weise berücksichtigt wird. Wir ersuchen daher, die spezifische Vermittlung hinreichender Mundartkenntnisse in die Konzepte der frühen Sprachförderung einzubeziehen.

Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.

Mi freundlichen Grüssen
SVP Baselland

Dominik Straumann, Parteipräsident

Peter Riebli, Fraktionspräsident




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