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Vernehmlassung

ÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER DIE ORGANISATION UND DIE GESCHÄFTSFÜHRUNG DES LANDRATS (LANDRATSGESETZ): ABSTIMMUNGEN IN ABWESENHEIT BEI KRISENSITUATIONEN

VERNEHMLASSUNGSANTWORT

ÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER DIE ORGANISATION UND DIE GESCHÄFTSFÜHRUNG DES LANDRATS (LANDRATSGESETZ):
ABSTIMMUNGEN IN ABWESENHEIT BEI KRISENSITUATIONEN

Sehr geehrte Frau Landschreiberin
Sehr geehrter Herr Klee
Sehr geehrte Damen und Herren

Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.

Zusammenfassung  der Vernehmlassungsvorlage

Aufgrund der Erfahrungen im Jahre 2020 rund um die Pandemie-Krise schlägt die Geschäftsleitung des Landrats vor, das Landratsgesetz um eine Bestimmung zu ergänzen, die es erlaubt, in Krisensituationen unter gewissen Umständen das Abstimmen in Abwesenheit zuzulassen. Die Geschäftsleitung ist der Auffassung, die Hürden dafür «recht hoch» angesetzt zu haben. Dies, da die Ratsmitglieder wenn immer möglich physisch an den Parlamentssitzungen teilnehmen sollten. Nur wenn eine Krisensituation vorliege, das Risiko von vielen Abwesenheiten bestehe und das Stärkenverhältnis der Fraktionen deutlich gefährdet sein könnte, solle die virtuelle Abstimmung ermöglicht werden können.

Position der SVP Baselland

Die grundsätzliche Haltung unserer Partei

Es «soll für die Zukunft fix eine Regelung geschaffen werden, mit welcher das Abstimmen in Abwesenheit generell bei Krisensituationen (nebst Pandemien wären z.B. Erdbeben oder andere schwere Naturkatastrophen denkbar) ermöglicht wird», so umschreibt die Landratsvorlage das Ziel der Vorlage. Diese Gesetzesgrundlage würde in der Schweiz bislang einsam dastehen, beschränken sich doch die in der Vorlage erwähnten gesetzlichen Spezialregelungen des Nationalrats und des Kantonsparlaments des Kantons FR zeitlich auf die aktuelle Covid-19-Pandemie. Dieser Umstand erstaunt nicht, da offensichtlich keine Notwendigkeit für eine generelle Regelung von Abstimmungen bei Abwesenheit von Parlamentsmitgliedern besteht. Der Grund liegt darin, dass die Bundes- und sämtliche Kantonsverfassungen – in unserem Falle in Gestalt von § 74 Abs. 3 KV BL – der Exekutive in besonderen Situationen notrechtliche Kompetenzen zukommen lassen. Tritt eine Krisensituation ein und sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben erfüllt, ist das Erforderliche in einem ersten Schritt im Rahmen des Notrechts zu regeln. Wenn die akute Krisenbedrohung der Gesundheits- oder Sicherheitslage es zulässt, treten auch Parlamente wieder zusammen, wie dies in unserem Kanton im Frühling 2020 der Fall war.

Folgendes ist in diesem Zusammenhang unserer Auffassung gemäss zusätzlich von Bedeutung:

  • Im Rahmen der Covid-19-Pandemie konnte der Landrat, wie in Ziff. 2.1.1. der Landratsvorlage gut beschrieben wird, Erfahrungen im Umgang mit speziellen Umständen sammeln. Letztlich konnte mit organisatorischen Massnahmen sichergestellt werden, dass ab 14. Mai 2020 im Kantonsparlament keine signifikanten Abwesenheiten mehr zu gewärtigen waren. «Was zu beweisen war», ist man geneigt zu sagen: Zunächst hat der Regierungsrat notrechtlich agiert, vergleichsweise rasch ist das Parlament wieder zusammengetreten, und dies, nach den nötigen organisatorischen Verlegungen, nahezu vollständig. Dass dies nicht auf Anhieb vollständig gelang, kann niemandem vorgeworfen werden, mussten doch die entsprechenden Erfahrungen zunächst noch gesammelt werden. Nunmehr liegen selbige aber vor.
  • Bei Krisensituationen wie Erdbeben, Naturkatastrophen, Strommangellagen usw. ist zu befürchten, dass in einer ersten Phase, auf welche die vorliegende Gesetzesänderung abzielt, ohnehin Verbindungsprobleme vorliegen würden. Landrätinnen und Landräte müssten ja von zuhause aus private Informations- und Kommunikationsverbindungen nutzen, die in den genannten Fällen häufig inaktiv bzw. Armee und zivilen Behörden vorbehalten bleiben.

Insgesamt sind wir der Auffassung, dass die vorgeschlagene gesetzliche Regelung aus den angeführten Gründen nicht erforderlich ist.

Beherzigt man den landläufigen Grundsatz «nützt’s nüt, so schadt’s nüt», könnte man der Vorlage immerhin eventualiter zustimmen, dann allerdings nur mit den nachfolgend aufgeführten Bemerkungen und Präzisierungen.

Einzelne weitere Bemerkungen

Jedenfalls muss aus unserer Sicht gelten und sichergestellt sein, dass das Mittel der Abstimmungen in Abwesenheit nur in extremen Krisensituationen zur Anwendung gelangen kann und kein erster Schritt auf dem Weg hin zu einem «Videoparlament» darstellen darf. Die Wichtigkeit physischer Kontakte und Debatten in einem Parlament, ja nachgerade die Bedeutung der Institution, eignet sich unseres Erachtens gar nicht dafür, hurtig-zwanghafte Digitalisierungsschritte vornehmen zu wollen.

Folgende Aspekte der vorgeschlagenen Regelung, sollte diese die Zustimmung des Landrats finden, erachten wir als gut geregelt, aber auch als unverzichtbar:

  • Die kumulativ einzuhaltenden Voraussetzungen in § 57a Abs. 1 der Gesetzesvorlage.
  • Keine Wiederholung bei vermeintlichen oder tatsächlichen technischen Übermittlungsproblemen (§ 86a Abs. 4 der Dekretsvorlage).
  • Kein Rede- und Antragsrecht, sondern lediglich ein Abstimmungsrecht (§ 57a Abs. 6 der Gesetzesvorlage).

In nachfolgenden Belangen sind wir der Auffassung, dass noch Präzisierungen notwendig sind:

  • 57a Abs. 1 Bst. b der Gesetzesvorlage: Die Wendung «vermehrte unverschuldete Abwesenheiten» ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und unserer Meinung nach zu offen formuliert. Die Vorlage führt dazu aus, dass es dabei nur um Situationen gehen könne, «die es einem substantiellen Teil der Mitglieder des Landrats verunmöglichen, an einer Sitzung teilzunehmen, und nicht um Fälle, in welchen bloss vereinzelt Mitglieder zu Hause bleiben müssen, etwa weil sie sich pandemiebedingt in Quarantäne oder in Isolation begeben mussten.» Wie gross der «substantielle Teil» bzw. wie viele Abwesenheiten von Parlamentariern «vermehrt» sind, müsste unseres Dafürhaltens quantitativ geregelt werden.
  • Geheime Abstimmungen: Im Gegensatz zur aktuellen Regelung im Kanton FR sagt die Vernehmlassungsvorlage nichts zur Frage, wie in diesem Falle zu verfahren ist. Unseres Erachtens müssten geheime Abstimmungen ausgeschlossen werden, da dies über Videoteilnahme praktikablerweise nicht möglich ist.
  • 57a Abs. 5 der Gesetzesvorlage: Demgemäss ist der Beschluss der Geschäftsleitung über das Abwesenheitsverfahren sofort anwendbar, wird jedoch für weitere Sitzungen hinfällig, sofern er vom Landrat keinen Bestätigungsbeschluss erfährt. Aus der Kommentarspalte der synoptischen Darstellung lässt sich schliessen, dass die erste Landratssitzung nach dem entsprechenden Beschluss der Geschäftsleitung auf jeden Fall im «Abwesenheitsverfahren» durchgeführt werden kann, die folgende aber nicht mehr, sofern das Parlament das Verfahren nicht sanktioniert. Hier ist unseres Erachtens eine Präzisierung erforderlich. Was genau an der ersten Landratssitzung gilt, nachdem die Geschäftsleitung beschlossen hat, muss im Gesetz geregelt werden, und zwar klar und nicht bloss in einem Kommentar.
  • 86a Abs. 1 der Dekretsvorlage: Gemäss dieser Bestimmung bestätigen die Ratsmitglieder gegenüber der Geschäftsleitung dies selber, falls eine unverschuldete Abwesenheit vorliegt. Wir fragen uns, ob in diesem Zusammenhang nicht geregelt werden müsste, welche Art von Belegen beigebracht werden müssen. Gemäss der Vorlage wären keine vonnöten, was wir als heikel erachten.
  • 86a Abs. 2 der Dekretsvorlage: Wir beantragen, angesichts der Situation mit Kleinstfraktionen eine Quote von einem Drittel einer Fraktion und eine Mindestzahl von 4 abwesenden Fraktionsmitgliedern festzuschreiben.

Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.

Mi freundlichen Grüssen
SVP Baselland

Dominik Straumann, Parteipräsident

Peter Riebli, Fraktionspräsident




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