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Vernehmlassung

ANPASSUNG DER VERFASSUNG DES KANTONS BASEL-LANDSCHAFT (VERFASSUNGS- ARTIKEL KREISLAUF-WIRTSCHAFT?) – VORLAGE 2021/731

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Noack
Sehr geehrte Damen und Herren Landräte und Landrätinnen

Sie haben uns die rubrizierte Vernehmlassungsvorlage zur Stellungnahme zukommen lassen. Wir bedanken uns für die Gelegenheit, unsere Ansichten und Vorschläge einbringen zu können.

Zusammenfassung der Vernehmlassungsvorlage

Die Landratsvorlage 2021/731 befasst sich mit einer Anpassung der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft, insbesondere mit der Aufnahme eines Artikels zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Die heutige Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vom 17. Mai 1984 (KV BL; SGS 100) beinhaltet keine expliziten Bestimmungen, welche ganzheitliche und umfassende Ziel- und Aufgabenformulierungen betreffend den Umgang mit Ressourcen zum Gegenstand haben. Im Bestreben, die heutige Abfallwirtschaft in eine nachhaltige und zukunftsfähige Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft zu transformieren, ist es daher Ziel der Vorlage, die Grundsätze einer nachhaltigen Ressourcennutzung und Abfallvermeidung in der Verfassung zu verankern, um die Kreislaufwirtschaft im Kanton zu stärken und langfristige ökologische sowie ökonomische Vorteile zu erzielen. Die heutige Abfallwirtschaft soll sich von einer entsorgungsorientierten Abfallwirtschaft zu einer ressourcenorientierten Kreislaufwirtschaft entwickeln. Die Vorlage soll eine rechtliche Grundlage schaffen, um den Übergang zu einer ressourcenschonenden und wiederverwertenden Wirtschaftsweise zu fördern. Damit sollen Kanton und Gemeinden den verfassungsmässigen Auftrag erhalten, günstige Rahmendbedingungen zu schaffen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Darüber hinaus soll die aktuelle Verfassungsgrundlage betreffend Abwässer, in Abstimmung mit der vom Regierungsrat mit Beschluss Nr. 2024-976 vom 25. Juni 2024 verabschiedeten «Wasserstrategie Basel-Landschaft» revidiert werden, indem zeitgemässe Ziel- und Aufgabennormen für den Umgang mit Abwasser definiert werden.

Position der SVP Baselland

1. Einleitung

Die SVP Basel-Landschaft nimmt mit dieser Vernehmlassung Stellung zur Landratsvorlage 2021/731, die eine Teilrevision der Kantonsverfassung (KV) des Kantons Basel-Landschaft bezüglich der Rohstoffe, Abfälle und Abwasser vorschlägt. Besonders im Fokus steht dabei die Einführung von Kreislaufwirtschafts-Prinzipien auf Verfassungsstufe. Die SVP Baselland sieht diese Verfassungsänderung kritisch und stellt klar, dass sie diese Vorlage in ihrer jetzigen Form ablehnt.

Die vorgeschlagene Verfassungsänderung ist ein weiterer Schritt hin zu einer übermässigen Regulierung, die vor allem den Kanton Basel-Landschaft in seiner wirtschaftlichen Entwicklung hemmen und zu einer weiteren Zentralisierung führen würde. Im Übrigen könnte der bestehende § 112 Abs. 3 KV bereits dahingehend interpretiert werden, dass Rohstoffe schonend zu verwenden sind, da sämtliche Rohstoffe in irgendeiner Form aus Erde, Luft und Wasser produziert werden. Im Folgenden führen wir die zentralen Argumente gegen diese Verfassungsrevision aus.

2. Prinzipielle Bedenken gegen die Verfassungsänderung

a. Übermass an Regulierung auf Verfassungsstufe

Die Schweiz ist in der Ressourcen-, Energie- und Umweltpolitik vorbildlich. Insbesondere in der Rückgewinnung von Rohstoffen und Recycling sowie in der Steigerung der Effizienz bei der Produktion ist unser Land weltweit führend. Dies ist insbesondere ein Verdienst der freiwilligen Bemühungen der Wirtschaft, welche in diesem Bereich auch ohne verfassungsrechtliche Vorgabe sehr gut aufgestellt und erfolgreich ist. Dieser bewährte Weg wird mit der geplanten Verfassungsänderung nun in Frage gestellt. Statt freiwilliger Innovation soll das Augenmerk offenbar auf staatlich kontrollierte Zwangsmassnahmen, zusätzliche Regulierungen und Verboten gelegt werden. Damit wird der freie Markt mit seinen Erfolgen angegriffen, was im Bereich der Innovationen zu einem Stillstand führt.

Die Verfassung eines Kantons ist das Fundament des rechtlichen Rahmens. Sie stellt sicher, dass grundlegende Prinzipien des Zusammenlebens und der staatlichen Ordnung geklärt sind. Die Aufnahme von Prinzipien zur Kreislaufwirtschaft in die Verfassung des Kantons Basel-Landschaft führt zu einer unnötigen Ausdehnung der Verfassung. Der Verfassungsrahmen sollte sich auf die wesentlichen, übergeordneten Prinzipien konzentrieren und gerade nicht detailreich mit technisch und wirtschaftlich umstrittenen Regelungsgegenständen wie der «Kreislauf-Wirtschaft» überladen werden.

b. Unklare Formulierungen

Die vorgeschlagene Formulierung der Kreislaufwirtschaft in der Verfassung ist unscharf und diffus. Der Begriff «Kreislaufwirtschaft» ist rechtlich nicht präzise definiert, und es bleibt offen, wie dieser Begriff in die praktische Gesetzgebung und Verwaltung übertragen werden soll. Die Kreislaufwirtschaft umfasst ein breites Spektrum an Massnahmen und Zielsetzungen – von der Abfallvermeidung über Recycling bis hin zu innovativen Recyclingtechnologien. Unklar ist z.B. auch, wann ein Stoffkreislauf als geschlossen gelten kann.

Eine genauere Definition der Begriffe wäre erforderlich, um vor einer allfälligen Verfassungsänderung mögliche Vollzugsfolgen abschätzen zu können. Eine ungenaue Regelung in der Verfassung leistet Rechtsstreitigkeiten und Unsicherheiten Vorschub. Dies steht im Widerspruch zu einem klaren und stabilen Rechtsrahmen, wie er für die Verfassung eines Kantons erforderlich ist.

3. Wirtschaftliche Bedenken

a. Übermässige Bürokratie und Kosten für Unternehmen

Ein zentrales Anliegen der SVP ist die Wahrung der unternehmerischen Freiheit und die Vermeidung von übermässiger Regulierung. Die vorgeschlagene Verfassungsänderung zieht den Erlass zahlreicher neuer Gesetze und Verordnungen nach sich und stellt einen weiteren Eingriff in die Freiheit von Unternehmen dar, indem sie den Staat verpflichtet, immer stärker in den Rohstoff-, Abfall- und Abwasserbereich einzugreifen. Eine solche Regulierungswut führt zu unnötigen, massiv höheren Bürokratiekosten und verkompliziert die Geschäftsabläufe auf allen Seiten (d.h. Staat und Privatwirtschaft), ohne signifikante ökologische oder wirtschaftliche Vorteile zu schaffen.

Unternehmen, insbesondere KMU, würden mit neuen Vorschriften, bürokratischen Hürden und Kontrollmechanismen konfrontiert, die erhebliche Kosten nach sich ziehen und die unternehmerische Freiheit einschränken. Dies ist aus Sicht der SVP nicht akzeptabel, da Unternehmen in Basel-Landschaft bereits jetzt mit einer Vielzahl von Regulierungen konfrontiert sind, die oft unnötig und wenig zielführend sind.

b. Auswirkungen auf das Baugewerbe

Gemäss Vorlage bedeutet die vorgesehene Verfassungsänderung unter anderem, dass bei der Errichtung von Bauten möglichst wenig Rohstoffe eingesetzt werden. Hier stellt sich bereits die Frage, durch wen und v.a. wie im Rahmen der Umsetzung beurteilt werden soll, ob eine Baute dieser Vorgabe entspricht (z.B. mittels Vorgabe einer maximalen Wohnfläche pro Person oder mit zusätzlichen Vorgaben zur Materialisierung etc.). Zu rechnen ist mit massiven Zusatzaufwänden für Bauherrschaften in zeitlicher und finanzieller Hinsicht im gegenwärtig ohnehin stark belasteten Bereich der Baubewilligungsverfahren. Die Konsequenzen für das Baugewerbe erscheinen in jedem Fall gravierend.

c. Wettbewerbsnachteile für den Wirtschaftsstandort Basel-Landschaft

Durch die verstärkten Vorgaben zur Kreislaufwirtschaft könnten Unternehmen im Kanton Basel-Landschaft gegenüber jenen in anderen Kantonen oder internationalen Märkten in einen Wettbewerbsnachteil geraten. Unternehmen, die beispielsweise auf die Verarbeitung von Rohstoffen angewiesen sind, könnten aufgrund der im Rahmen der Kreislaufwirtschaft geplanten Regulierungen zusätzliche finanzielle Belastungen sowie Compliance-Kosten entstehen. Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen in andere Kantone oder ins Ausland abwandern, was den Standort Basel-Landschaft schwächen würde, nicht zuletzt auch durch eine Gefährdung von Arbeitsplätzen und den drohenden Wegfall von Steuersubstrat. Die SVP setzt sich für einen starken Wirtschaftsstandort frei von übermässigen staatlichen Eingriffen und bürokratischen Belastungen ein.

d. Mehrkosten für Gemeinden

Eine Verfassungsänderung dieser Art führt in der Folge zwangsläufig zu einer Zunahme staatlicher Interventionen. Der Verwaltungsaufwand könnte insbesondere für kleinere Gemeinden im Kanton zu einer unzumutbaren Belastung führen. Diese würden mit neuen Aufgaben und Zuständigkeiten konfrontiert, ohne dass dafür eine ausreichende personelle oder finanzielle Ausstattung zur Verfügung stünde. Dies könnte zu einer ungleichen Belastung zwischen den Gemeinden führen und letztlich zu Ineffizienzen im Abfall- und Ressourcenkreislaufsystem führen. Zudem könnte es durch die Schaffung neuer Vorschriften und die ständige Anpassung an technologische Entwicklungen und ökologische Anforderungen zu einer unnötigen Verkomplizierung bestehender Verwaltungsstrukturen kommen.

4. Zuständigkeiten und Kompetenzverteilung

a. Eingriff in die Zuständigkeiten der Bundesarbeit und anderer Kantone

Die Einführung der Kreislaufwirtschaft in die Verfassung des Kantons Basel-Landschaft könnte die bestehende Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden infrage stellen. Das Abfall- und Rohstoffmanagement unterliegt bereits heute einer Vielzahl von Regelungen auf Bundesebene, insbesondere im Bereich des Umweltschutzes. Eine kantonale Verfassungsänderung könnte zu einer Überlappung oder gar einem Widerspruch zwischen kantonalen und nationalen Regelungen führen, was in der Praxis abermals zu rechtlichen Unsicherheiten und Vollzugsproblemen führen würde.

b. Verlagerung von Aufgaben auf die Gemeinden

Ein weiterer problematischer Aspekt der vorgeschlagenen Verfassungsrevision könnte die unklare Zuweisung von Aufgaben und Verantwortung an die Gemeinden sein. Der Kanton Basel-Landschaft hat 86 Gemeinden, die in unterschiedlichem Masse über die nötigen Ressourcen und die administrative Kapazität verfügen, um eine Kreislaufwirtschaft umzusetzen. Eine einheitliche Regelung, die auf alle Gemeinden abzielt, könnte in der Praxis problematisch werden, da kleinere und weniger ressourcenstarke Gemeinden unter Umständen überfordert wären.

4. Unverhältnismässigkeit der Verfassungsänderung

Die SVP hält die geplante Verfassungsänderung für unverhältnismässig. Die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung zur Förderung von Kreislaufwirtschaft ist aus unserer Sicht nicht gegeben. Es gibt bereits auf Gesetzes- und Verordnungsstufe eine Vielzahl von Regelungen im Bereich des Abfallmanagements, der Ressourcennutzung und der Umweltpolitik. Die in der Vorlage erwähnten Aktivitäten zur Etablierung eines Baustoffkreislaufs in der Region Basel zeigen überdies, dass bereits mit milderen Massnahmen Verbesserungen erreicht werden können. Eine Verfassungsänderung in diesem Bereich erscheint daher als ein unnötiger Schritt, der eher zum Ausbau von Bürokratie und einer wachsenden Unsicherheit führt, anstatt praktische Lösungen zu bieten oder die Komplexität in einem ohnehin herausfordernden Wirtschafts- und Rechtsbereich zur reduzieren. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung können auch ohne eine solche Änderung auf Verfassungsebene weiterhin effektiv verfolgt werden.

7. Fazit und Empfehlung

Die SVP Basel-Landschaft lehnt die Landratsvorlage 2021/731, Teilrevision der Kantonsverfassung betreffend Rohstoffe, Abfälle und Abwasser, in ihrer aktuellen Form entschieden ab. Wir sehen in der vorgeschlagenen Verfassungsänderung eine unnötige und unverhältnismässige Massnahme, die zu einer unnötigen Verkomplizierung des Rechtsrahmens und zu einer weiteren Belastung der Wirtschaft führt. Es besteht keine Notwendigkeit, die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft auf Verfassungsebene zu verankern.

Die SVP fordert, dass der Kanton Basel-Landschaft einen pragmatischeren Ansatz verfolgt, der den Schutz der Umwelt mit der Sicherstellung eines starken Wirtschaftsstandortes in Einklang bringt, ohne unnötige bürokratische Hürden aufzubauen. Aus diesen Gründen sprechen wir uns für die Ablehnung dieser Verfassungsrevision aus.

Wir danken Ihnen für die geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unserer Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüssen
SVP Baselland

sig. Peter Riebli
Parteipräsident

sig. Markus Graf
Fraktionspräsident

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